himmelblau wachsame Augen, wissende Seen mit Tiefen,
weiß weicher Stachelbart, wohlig geschaudert, harte Falten
gegerbt um Mund, um Nase, durchschnitten die Stirn, des Grams,
des Zweifelns, Zeit des langen Lebens, des vergeblichen Hoffens, des
Bangens in Nächten der Kriege, der Einsamkeit in Gedanken, Mann des
Ostwinds, leugnetest Du Deinen Ursprung nicht, Heimat und Ausbund
an Treue und erste Liebe warst Du für mich, wärmende Stimme im
Bass, wenn Du erzähltest vom großen König, dem Krummen mit
Dreispitz und Krückstock und dürren Hunden, schnell wie der
Wind, träume ich von, rede ich mit Dir, und Du schaust mich
an, immer noch, hin und wieder, anerkennend, bist Du Teil
von mir, so lange ich atme, hoch verehrter Großer Vater
Nicht nur in unserem Kulturkreis brauchen Menschen das Gedenken an Vorfahren für ihr inneres Gleichgewicht und zur Bestätigung der eigenen Identität. Wir hängen sie in Öl gemalt an die Wand, pflegen und schmücken ihre Gräber, doch auch anonym beerdigt sind sie ein Teil von uns. Wir widmen ihnen besondere Feiertage, an Allerheiligen, am 1. November, leuchten rote Lichter auf Friedhöfen. Wir bewahren ihre Portraits sorgfältig auf, um sie an die weiter zu geben, die nach uns kommen und fragen uns, ob wir ihnen ähneln. Wir stellen ihnen Fragen und erhalten Antworten, wenn wir es zulassen. An manchen Ahnen hängen wir besonders, weil wir eine gute Zeit mit ihnen verbracht haben und uns von ihnen geliebt fühlten. So geht es mir mit dem lange verstorbenen Großvater, der mir immer noch nahe steht. Da ich mir nicht sicher bin, ob es ihm gefallen würde, sein Gesicht veröffentlicht zu sehen, habe ich es stark verfremdet.
Kommentare
Wurzeln; so tief in uns;
ich las ein liebevolles, träumendes, umarmendes Gedicht. Es tat so gut es zu lesen.
Ich tauche auch immer wieder gerne hinab zu meinen Ahnen und suche ihre Berührung. Mit diesem Gedicht wurde ich wieder einmal dorthin geführt :)
LG
Mara
Das hast Du so schön gesagt, Mara, danke, ich habe von denen, die mir lieb waren und nicht mehr leben, deutliche Bilder vor Augen, besonders von diesem Großvater, den ich als kleines Mädchen verehrt und geliebt habe.
Liebe Grüße - Marie
Sie leben weiter wohl, ein Stück -
Quasi in uns - das ist ein Glück ...
LG Axel
Manches verklärt sich im Nachhinein,
das macht nichts, denn so muss es sein …
Danke und LG Marie
... und wie klug er ausschaut, auch sehr jung noch (geblieben), auch ein klein wenig spitzbübisch, liebe Marie, und sehr sympathisch. Das ist wirklich ein außerordentlich gutes und schönes Gedicht; ich habe mich beim Lesen miterinnert - an meine Großeltern, Tanten, Großtanten, von denen ich auch schon sehr lange leider getrennt bin.
Liebe Grüße zu Dir,
Annelie
Ja, spitzbübisch war er auch, hatte eine hintergründige Art von Humor, ich sehe ihn immer noch mit den Augen einer Zehnjährigen und freue mich, wenn ich bei Dir eigene Erinnerungen geweckt habe, Annelie,
Danke und liebe Grüße zurück - Marie
Je älter ich werde, desto näher sind mir die Vorfahren, besonders die Großeltern. Viele Fragen hätte ich... Ein gutes Gedicht ist das, liebe Marie. Herzliche Grüße von Ingeborg
Danke, Ingeborg, man erinnert sich besonders gerne, wenn man mit denen, die vorher waren, angenehme Erinnerungen verbindet, nichts über Vorfahren zu wissen, verunsichert, meine ich,
liebe Grüße - Marie
...weckt eigene Erinnerungen und große Wertschätzung mit fortschreitenden Jahren. Danke für das gute und anrührende Gedicht, liebe Marie.
LG Monika
Danke für Deinen Zuspruch, Monika, die Bindung zu Großeltern ist oft deshalb etwas Besonderes, weil nicht die Erziehung, sondern die Zuneigung im Vordergrund steht …
Liebe Grüße zu Dir - Marie
- und weil ich das ganz genauso sehe - ein ähnliches Verhältnis zu Opa und Oma hatte, geht mir dein Gedicht auch so nahe, hallt und schwingt in meiner Seele
LG Yvonne
Das freut mich, Yvonne
LG Marie
ja Marie, diese Gefühle teile ich gerne.
Wir alle werden ungefragt in eine Welt hineingeboren,
die uns zu dem werden lässt,
was wir aktuell sind
Es ist eine große Gnade,
frühe Jahre
mit Menschen gelebt zu haben,
die uns auch noch über ihren Tod hinaus
mit ihrer Güte und Integrität
Orientierung für unseren Lebensweg
gaben.
Wer wird sich voller Dankbarkeit an mich erinnern ?
Danke für Deine Zustimmung, Ulli. Die Frage, wer sich dankbar an uns erinnert, stellt man sich besser nicht ...
LG Marie
du hast Recht,liebe Marie.
Ich kann meinerseits leider auf nicht mehr viele Ältere zurückgreifen, was ich oft als schlimm empfinde. Zum einen, weil ich manche sehr vermisse, zum anderen, weil es keinen mehr gibt, der mir erzählen, oder Rat geben kann und auch Vertrauenspersonen darunter waren. Manchmal reicht mir die Erinnerung einfach nicht aus.
Viele liebe Grüße
Soléa
Danke, liebe Soléa. "Ér" lebt schon so lange nicht mehr, einen Rat gibt er mit trotzdem, wenn ich frage, oder besser, ich gebe mir selbst die Antwort, die er mir vielleicht hätte gegen können.
Liebe Grüße zu Dir zurück