Auf der Schwelle zum neuen Jahr …

Bild von Annelie Kelch
Bibliothek

Schulter an Schulter mit dem Atem des
Winters durch die unsichtbare Wand
Ins neue Jahr schreiten wie von Buda
Nach Pest, über die Donau, die Donau ...
So mitternachtsblau unterm Segel der
Monduhr, gestrichen von der Zeit.

… sich nicht umschauen nach Buda
Und die Silvesternacht unverwundet lassen
Vom Drama gefrorener Worte.

Fortschicken, was das alte Jahr an
Wunden riss, das Tor zur überladenen
Seele schließen und wiederherstellen
Jene Version, darin kein Schmerz mordet.

Leicht werden und aus den Venen schleudern,
Was unter die Haut ging und den
Schlaf raubte, Nacht für Nacht ...

Auf dem Jakobsweg des Lebens aus
Dem Traumschritt fallen, in dessen
Rhythmus wir Wurzeln geschlagen haben,
Während die Zeit davoneilt mit Wellen,

Deren Zungen neue Ufer abtasten
Unterm Siebengestirn des Winterhimmels ...
Lass ich die rote Spinne aus dem Kästchen,
Dass ihr purpurnes Netz mit Liebe umgarne
Die kalten, stummen Fische.

Siebengestirn: Über die Wintermonate kann man am Sternenhimmel im Sternbild Stier einen kleinen Sternhaufen erkennen, der in vielen alten Kulturen der Erde erwähnt und unterschiedlich interpretiert wurde. Dieser taucht in der griechischen Mythologie als die “7 Nymphen” und in der Bibel als das “Siebengestirn” auf. Heute sind diese Sterne meist unter dem Namen “Plejaden” bekannt (Quelle: Wikipedia).

Interne Verweise

Kommentare

30. Dez 2018

Ja, mit dem Rucksack auf dem Rücken -
Kann schwer der neue Start nur glücken ...

LG Axel

30. Dez 2018

Wer kann, entledigt sich der Last in allen Ehren ...
und nicht ins Meer; was kaum in der Erinnerung
zu bleiben wert ist, darf verwesen - lautlos und
in höh'ren Sphären.

LG Annelie

30. Dez 2018

Hallo Annelie,
Du hast zu dem bevorstehenden Wechsel ins neue Jahr besondere Bilder gefunden wie
- das geschichtsträchtige Budapest,
- den Jakobsweg und
- die rote Spinne, die mit ihrer Liebesstärke die Herzenskälte besiegt.
Gern gelesen und ein gutes neues Jahr.
LG
Manfred

30. Dez 2018

Danke, lieber Manfred. Ich bin momentan wieder ganz in Ungarn versunken bzw. in die "Unzeitmäßigen Gedanken" des Sandor Márai, ein ganz unglaublich kluger und wahnsinnig guter Schriftsteller sowie auch Kritiker des 20. Jhds. Und, man kann es kaum glauben, dieses ganz fantastische Buch (Tagebuchaufzeichnungen) fand ich bei Woolworth(!) in Lübeck und habe es sofort gekauft - für 'nen Appel und 'nen Ei; ich weiß nicht mehr, ob 2,00 oder 3,00 Euro. So glücklich wie nach diesem "Fund" war ich schon lange nicht mehr.

Liebe Grüße und auch Dir ein frohes neues Jahr,
Annelie

30. Dez 2018

„Auf dem Jakobsweg des Lebens aus dem Traumschritt fallen, in dessen Rhythmus wir Wurzeln geschlagen haben, und die Silvesternacht unverwundet lassen vom Drama gefrorener Worte, Seelen schließen und wiederherstellen“, das letztere ist besonders wichtig, danke dafür, wie poetisch Du es wieder ausdrückst, liebe Annelie, das Foto geheimnisvoll und passend, Dein sehr gutes Gedicht wird mein Begleiter sein in der Nacht des Übergangs in’s Neue Jahr, von dem ich mir nicht viel erhoffe, um nicht enttäuscht zu werden …

liebe Grüße von mir – verbunden mit dem Wunsch, dass sich das Böllern vor Deiner Türe in Grenzen hält - Marie

30. Dez 2018

Allerliebste Marie, ich wollte Dir noch ein riesengroßes Kompliment machen Dein letztes Gedicht betreffend, das ich vorhin noch einmal gelesen habe: Es ist einfach grandios gut. Kaum, dass ich ein derartig gutes Gedicht hier jemals gelesen habe - und: kaum, dass ich ein derartig gutes Gedicht jemals in den Gedichtbüchern wirklich guter Schriftsteller gelesen habe! Das musste noch einmal gesagt sein! - Danke für Deinen lobenden Kommentar, liebe Marie; er betrübt mich ein wenig. Zwar sterben nicht nur die Bienen und Schmetterlinge leise, heute zu sehen und zu hören auf "Tagesschau 24" um 21:30 Uhr, aber denke doch bitte ein wenig positiver. Wenigstens habe ich mir vorgenommen, in der zweiten Jahreshälfte bei Greenpeace mitzumachen, möglichst auch aktiv. Es ist nicht zu fassen, dass so viele Tiere aussterben. Gestern gesehen: dieses unglaublich niedliche Riesennashorn in der Tagesschau, von denen es nur noch zwei Weibchen gibt. Es ist nicht zu fassen!!!! - Wenn bereits die Tagesschau darüber berichtet ...! Wir dürfen uns nicht so sehr in Klagen verlieren ... Du, zum Beispiel, könntest Kolumnen über das Artensterben schreiben, möglicherweise dieses Thema auch verborgen, angedeutet, in kleine Geschichten verpacken und allen Zeitungen, Journalen anbieten, nicht allein hier veröffentlichen ... Außerdem, liebe Marie, HEUTE, 20:00 Uhr, kommt auf ARTE "Krieg und Frieden", worauf ich mich bereits die ganze Woche freue. - Wenn man bedenkt, dass dieses Böllergeld hätte gespendet werden können - für Wissenschaft und Forschung, Waisenhäuser, um Kinder dort mit Geschenken zu erfreuen, für Altersheime u.ä., so ein kurzer Genuss, als gäbe es keine Farben auf der Welt ... in Hannovers Innenstadt sind (Silvester-)böller neuerdings verboten, weil Opernbesucher letztes Jahr Polizeischutz anfordern mussten auf dem Heimweg, um nicht verletzt zu werden.

Komm gut ins neue Jahr, Marie; es gilt nicht aufzugeben ...
Widerstand zu leisten gegen das Artensterben, Hass und Gewalt,

Annelie

30. Dez 2018

"Und die Sylvesternacht unverwundet lassen vom Drama gefrorener Worte "- was für ein Satz, der unwiederbringlich vergangene Anhaftungen sowie Projektion einschliesst. Doch all das ist nicht zu beeinflussen, ungeschehen zu machen oder zu verändern. Es ist immer nur im Jetzt des Augenblicks möglich. Mit Deinem aussagestarken Bild kommt Hoffnung auf Neues und Wachstum auf. Ein gutes neues Jahr wünsche ich Dir, liebe Annelie. Herzlichst Ingeborg

30. Dez 2018

Liebe Ingeborg, herzlichen Dank für Deinen wohlwollend lobenden Kommentar. Es bleibt nun zu hoffen, dass alle Menschen dieses Jahr vernünftig ausklingen lassen, ohne Mengen an Alkohol, die die Gesundheit und gar das eigene Leben gefährden und auch das Leben anderer, insbesondere was Unfälle betrifft, und dass die Böllerei im Rahmen bleibt und keine Opfer fordert.

Komm gut ins neue Jahr, liebe Ingeborg; ich habe mir vorgenommen,
keine Krimis mehr zu schauen; sie langweilen mich in letzter Zeit sehr,
aber leider bringt 3sat nicht mehr so viele Klassiker, Brecht, Frisch,
Dürrenmatt u.a., wie noch vor einigen Jahren.
Bis zum nächsten Jahr, das für Dich wunderschön werden soll.

Ganz liebe Grüße zu Dir,
Annelie

31. Dez 2018

Einen guten Rutsch, Annelie und das die rote Spinne lieber gestern als heut’, vor allem aber spätestens ab morgen ihr purpurnes Netz der Liebe spannt – höchste Zeit, ist es dafür …

Liebe Grüße
Soléa

31. Dez 2018

Hallo, liebe Soléa. Vielen Dank für Deinen freundlichen Kommentar. Ja, die "rote Spinne" ... Vor ihr braucht sich niemand zu fürchten. Sie ist kein Begriff aus einem Edgar-Wallace-Thriller ... eher symbolisch gemeint. Wenn es denn den Menschen so schwer fällt, sich zu ändern, soll sie mit einem purpurnen Netz unbegreifliche Handlungen zum Guten wenden.

Komm gut ins neue Jahr, für das ich Dir nur das Beste und alles Liebe wünsche
(und dass wir hier keine Dispute mehr austragen (müssen) ;-)); aber es ist
doch eigentlich viel besser zu sagen, was man denkt, als ständig vollkommene
Übereinstimmung zu heucheln).

Ganz liebe Grüße zu Dir,
Annelie

02. Jan 2019

Deine Gedanken
werden zu Worte,
zu Zeilen, zu Strophen,
zu einem Gedicht.

Es gibt mir zu denken,
sagt mir so vieles ...
so wie des Winters
nächtliche Licht.

Danke dafür, Annelie. Das Jahr fing gut an.

Willi

02. Jan 2019

Lieber Willi, es freut mich sehr, dass das Jahr gut für Dich anfing. Danke für Deinen lieben, hochpoetischen Kommentar, über den ich mich riesig gefreut habe. Ich bin glücklich, wenn ich mit einem Gedicht eine derart wohlwollende und freundliche Resonanz erziele. Mir ist ganz warm ums Herz geworden bei Deinen Worten, und ich werde gleich die Heizung runterschalten.

Dir und Gulan das schönste Jahr, das man sich nur denken kann,
Gesundheit, Glück und alles, was ihr beide euch wünscht.

Ganz herzliche Grüße zu zwei lieben Menschen
nach Schweden,
Annelie

02. Jan 2019

"Das Jahr fing gut an." war eigentlich für Dich, Dein Gedicht gedacht.
Mein, unser, erster Tag des Jahres war
so gut wie der letzte des vergangenen:
Still und friedlich.
Wir waren die einzigen Menschen
im Umkreis von ca. 300 m.
Wald und Wasser waren unsere direkten Nachbarnn.

Danke für die Wünsche, wir werden daran arbeiten.

Herzliche Grüße nach Lübeck
Willi

03. Jan 2019

Fortschicken die Wunden, die Seele aus dem Traumschritt mit der Zunge zu neuen Ufern lenkend im Blick der roten Kästchenspinne, die uns wie kalte stumme Fische mit wärmender wärmster Liebe umschlinge! Ja, ein solches Beginnen, das möge gelingen – wunderbare Worte im mäandernden Neuen - so wunderbar wie all die Kommentare darunter :)

Herzliche Grüße in das abendlich Neue - schicke ein paar Schneeflocken mit, die sich sanft auf den Strand legen, eine weißruhige fragile Zuckerschicht bildend - wie dein Gedicht auf das Leben - Yvonne

04. Jan 2019

Yvonne, gefreut hat mich Dein schöner Kommentar,
der neujahrsmäßig hochpoetisch war.
Gekostet hab ich von den Flocken, ganz aus Schnee
und schick Dir Dank und Jubel und Juchhe!
Du bist am Strand noch, sicher hoch im Norden ...
Und sicher frei und fröhlich momentan - ganz ohne Sorgen.

Liebe Grüße und ein frohes neues Jahr,
Annelie

08. Jan 2019

Liebe Annelie, danke, du hast mich so stark an "mein" wunderbares Budapest erinnert! Ich war zwei mal für drei Wochen zum Studentenaustausch dort, tags war Arbeit dran, nachts streifte ich bis zum Morgen durch die Gassen und Parks und konnte mich nicht sattsehen an den Häusern, den Brücken, dem Fluß, den Hängen. Und nicht satthören in den leidenschaftlichen Konzerten der Philharmonie, oder am Klang der Sprache der freundlichen, herzlichen Menschen...
Nimmst du meinen Dank? Vorsichtig, er ist viel schwerer, als er scheint!
LG Uwe

10. Jan 2019

O Uwe, Dein Kommentar freut mich ganz ungemein, so höre ich doch von Dir, dass das ungarische Volk es doch geschafft hat, Budapest wieder aufzubauen. Sandor Márai hat diese Option in seinem Tagebuch von 1945 (Unzeitgemäße Gedanken) sehr stark angezweifelt, weil nicht nur Buda, sondern auch Pest fast restlos zerstört waren. Du solltest dieses Buch unbedingt lesen, daraus erfährst Du eine Menge über Ungarn. Màrai war damals nicht sehr begeistert von seinem Volk; aber das lag wohl hauptsächlich an der politischen Situation. Vielen lieben Dank für diese schöne, erfreuliche Information.

LG Annelie