Stumme Zeugen ...

Bild von Annelie Kelch
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O stumme Zeugen unserer Wälder –
Versteinert beim Anblick
All derer, die dort abgeladen werden
Von jenen, die ihnen zum Verhängnis wurden.
Stumm auch die Perlen des Morgentaus:
Gottes Tränen ...

Unbeirrt und verschwiegener noch als am Tag
Sind bei Nacht unsere Bäume, von keinen Zweifeln
An der Notwendigkeit ihres Daseins geplagt,
Von keinen Zweifeln geplagt an der Schönheit
Ihres Wuchses.

Am Tag müssen sie erleben, dass sich der Himmel
Vor dem Adler verschließt, und wie ein großer Schmerz
Rauscht der herbstliche Wind durch ihre Wipfel.

Nie verschläft der Mond seine Schicht; sein geadeltes
Licht soll uns beschützen vor den Gefahren der Nacht.

Was im Wald nadelt, sticht nicht wirklich.
Aber eine vage Sehnsucht bleibt zurück in jedem Zweig
Der dir durchs Haar streicht und ein Liebesmal
Auf deiner Stirn hinterlässt.

O Stämme, o Kronen, auserwählt für den Staub der Straßen;
Euch will ich adeln.

Vom Schnee bestäubt, wandelt ihr standhaft durch weiße Tage,
Bis eines frühlingshaften Morgens kollektives Erinnern einsetzt
Und der Wald uns aus winterdumpfen Räumen lockt.

Eure Wunden? – Wir sehen sie kaum …
Gerissen tausendfach von Geschossen, abgefeuert
In sinnlosen Schlachten; Lanzen und Pfeile,
Teutonisch und grausam ...

Dich aber, sterbenskranke, verkrüppelte Fichte, die
Den Winter nicht überleben wird, will ich mit in
Mein Zimmer nehmen und deine kargen Zweige an
Heilig Abend mit Kerzen und Erinnerungen schmücken,
Sodass Vergangenes aufleuchtet und deine Schönheit
Erwacht mit Christi Geburt.

Trotz hoher Aufklärungsquote nimmt die Zahl der ungeklärten Tötungsdelikte in Deutschland stetig zu. Wie aus Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA) hervorgeht, blieben allein in den vergangenen drei Jahren fast 630 vollendete Straftaten gegen das Leben ungeklärt - und jährlich wird die Gesamtzahl größer. Von 2009 bis 2011 konnte die Polizei in jeweils mehr als 200 Fällen keinen Täter ermitteln oder einem Beschuldigten das Verbrechen nachweisen. - Zuletzt sank die Zahl der bundesweit vollendeten Tötungsdelikte zwar kontinuierlich. 2009 gab es 1591 Fälle, 2010 noch 1564 sowie im vergangenen Jahr 1536 Straftaten gegen das Leben - mehr als 13 Prozent davon blieben ungelöst. Zum Vergleich: Nach der vom BKA üblicherweise angebenen Aufklärungsquote, in die auch versuchte Taten einfließen, lösten die Ermittler in dem Zeitraum fast alle Fälle: Nur vier Prozent blieben ungeklärt. Quelle: Statistik des Bundeskriminalamts; Bericht im Magazin "Stern".

Interne Verweise

Kommentare

31. Jul 2018

Ein ganz neuer Ansatz, die Bäume, die Wälder zu adeln.
Hat mir sehr gut gefallen, Annelie.

Liebe Grüße
Willi

31. Jul 2018

Oh, vielen Dank, lieber Willi. Ja, die armen Bäume in unseren Städten ... schlucken all die Autoabgase und den Staub. Und was wären uns die Städte ohne ihren Anblick: nichts als toter Stein. Und was die Wälder im Baumkollektiv alles mitansehen müssen - ein Wunder, dass sie noch nicht davongerannt sind.

Liebe Grüße und noch einen schönen Sommertag,
Annelie

31. Jul 2018

Ein Lob der Bäume, die auch Zeugen von Verbrechen sind, verstehe ich es so richtig? Ich bin mir da nicht sicher, liebe Annelie, brauche eine Erklärung und grüße Dich herzlich

Marie

31. Jul 2018

Nicht Zeugen UNSERER Verbrechen, liebe Marie. Ich glaube nicht, dass Du jemandem ein Haar krümmen könntest, dass Du getötete Menschen im Wald ablegst, verscharrst, vergräbst. Aber man findet tote Menschen im Wald - zuhauf. Und froh kann sein, wer sich im Wald verirrt und wieder lebend herauskommt. Ich gehe schon lange nicht mehr allein durch einen Wald - aus lauter Angst, Opfer eines Verbrechens zu werden, und ich möchte auch keine toten Personen dort finden. Das würde mich heftig aus der Bahn werfen. Wälder scheinen neben Flüssen die "idealen" Verstecke für Leichen zu sein. - Aber die Aufklärung solcher Verbrechen, die selbstverständlich nicht alle aus niederen Gründen, sondern möglicherweise auch im Affekt zustandegekommen sind, läuft auf vollen Touren. Ich habe da neulich einen Bericht im Fernsehen gesehen ... der war so spannend, obwohl reine, trockene Verbrechensaufklärung, aber so spannend und aufregend, dass mir das Herz aufging. Aber ich will nicht zu viel verraten, sondern euch lieber in zwei, drei Tagen mit einem Essay über dieses Thema überraschen. - Wir können Bäume gar nicht genug loben. Es gibt noch viel zu wenige. Und ich würde wirklich gern grüßen mit z.B.: Guten Morgen, Herr von Eberesche oder: Guten Abend, Herr von Feige. Marie, hast Du Dir schon mal einen Feigenbaum angeschaut - auf einem Foto? Das reinste Wunder. Der wächst ja auch im Regenwald. Dort gibt es Bäume, die tragen Früchte, während sie blühen.

Liebe Grüße und vergiss nicht zu trinken (Wasser), sehr wichtig,

Annelie

31. Jul 2018

Ausführliche Erläuterung, danke, Annelie.
Und bei "viel trinken und Bäume loben" - bin ich ganz bei Dir.

31. Jul 2018

Liebe Marie, ich interessiere mich nun einmal für Kriminologie. Je weiter die Entwicklung auf diesem Gebiet fortschreitet, umso weniger Fehlurteile wird es in der Zukunft geben. Fortschritte in der Kriminologie, sinnvolle Resozialisierungsmaßnahmen, ein humaner Strafvollzug sowie gute Polizisten und hervorragende Gutachter sind sehr wichtig für unsere Gesellschaft, in der immer noch ganz massive Vorurteile sowohl in Hinblick auf straffällig gewordene Menschen, als auch hinsichtlich der Polizei zu finden sind. Vorsicht ist gegenüber jedem Fremden geboten ("fremd", das ist nicht gegen Flüchtlinge gerichtet).

LG Annelie

01. Aug 2018

„Aber die Aufklärung solcher Verbrechen, die selbstverständlich nicht alle aus niederen Gründen, sondern möglicherweise auch im Affekt zustandegekommen sind“, können auch schlicht, Schicksal sein. Auf einem Wandertag in meiner frühen Schulzeit fanden wir eine Tote. Bäuchlings, langgestreckt. Es war furchtbar. Tage später, klärte unserer Lehre uns auf, dass es sich bei der älteren Toten um eine Beeren – Pflückerin handelte, die einen Herzschlag erlitten hatte. Schlimm, war es noch immer, aber die Fantasie und Angst gaben Ruhe ...

Viele Grüße in deinen Tag
Soléa

01. Aug 2018

Ja, selbstverständlich, liebe Soléa, ist nicht jeder, der/die im Wald tot aufgefunden wird, auch ermordet worden. Danke für Deinen guten und ergänzenden Kommentar. Schicksal ist meines Erachtens beides: ob auf natürlichem Wege zu Tode gekommen oder durch eine Gewalttat. In manchen Fällen kann man auch von Leichtsinn sprechen. Vor noch nicht allzu vielen Jahren bin ich auch noch allein - ganz unbefangen und ohne Ängste - durch Wälder gewandert, bin, als ich noch Schülerin war, an einem Ferientag mit meinem Cousin und dessen Frau einen ganzen Tag lang durch den Schwarzwald gegangen. Das war sehr schön. Kann ich mir gut vorstellen, dass ihr euch beim Anblick der toten Beerensammlerin sehr erschrocken habt. Es wäre mir ebenso ergangen.

Liebe Grüße zu Dir nach Frankreich
und etwas weniger HItze als gestern (sofern es dort auch so heiß war),
Annelie

01. Aug 2018

Danke, liebe Sabrina, für Deinen wichtigen Kommentar. Ich stimme Dir zu, dass es nicht ganz abwegig ist zu glauben, dass es Mordfälle geben könnte, die aufgrund politischer Gründe nicht aufgeklärt werden. Das ist in der Weltgeschichte auf jeden Fall schon vorgekommen. Ich dachte soeben an Uwe Barschel, dessen Tod ja auch nicht einwandfrei geklärt wurde. Mit den Menschenrechten, die mit Füßen getreten werden, hast Du vollkommen recht. Das ist eine Schmach und nimmt überhand. Ich hörte von einem Fall an der John-F.-Kennedy-Schule in Berlin, in der ein jüdischer Schüler über einen langen Zeitraum krankgemobbt wurde. Kaum zu glauben, aber wahr. Dass die Zahl der ungeklärten Fälle zunimmt, kann aber auch damit zusammenhängen, dass das Gros der Straftäter immer dreister und gewiefter wird. Die Zahl der Straftaten gegen das Leben hat jedoch glücklicherweise abgenommen. Die Frage, wieviel unentdeckte Taten es darüber hinaus gibt, kann nicht definitiv beantwortet werden. Aber gegen mafiöse Strukturen wird zumindest versucht, vorzugehen, obwohl gegen diese Sippenhaft kaum anzukommen ist. Diese Leute sind sehr dreist und gefährlich, aber glücklicherweise nicht besonders intelligent. Wir sollten uns verstärkt engagieren - für unseren Rechtsstaat mitsamt seinen schutzwürdigen Gesetzen und Rechten. Soweit diese, schriftlich fixiert, bestehen, haben wir eine Chance. Nur nicht den Mut verlieren.
Liebe Grüße und einen schönen Sommerferientag Dir
und Deinen Kindern,
Annelie

01. Aug 2018

Liebe Sabrina: ich möchte noch etwas Wichtiges ergänzen. Die meisten Täter, was Mordfälle betrifft, sind im familiären Umfeld und im Freundes- und/oder Bekanntenkreis der Opfer (leider) zu finden. Diese Fälle sind leichter und schneller aufklärbar. Es gibt jedoch Mordfälle, die sind deshalb schwierig oder gar nicht aufklärbar, weil weder ein Motiv erkennbar, noch ein Verdächtiger zu finden ist - aus jenem Grund, weil der/die MörderIn eine Zufallsbegegnung gewesen sein könnte. Die Suche nach dem Täter gestaltet sich dann unsagbar schwer; eine Aufklärung erscheint fast unmöglich - und meist ist es ein Zufall (verspätete Zeugenaussage), der dann, wenn überhaupt, letztendlich auf die richtige Spur führt.

Liebe Grüße,
Annelie

01. Aug 2018

Eine besonders perfide Art der Tötung ... Menschen, die einem nicht passen, durch Mobbing, fiese Gerüchte, irgendwelche Internetposts, fake news in den Tod zu treiben, Kinder erpressen und ausnehmen sogar, die dann nicht mehr ein noch aus wissen. Es gibt solche Subjekte. Die haben meistens den ganzen Tag nichts zu tun, keine Kinder zu versorgen, keine Arbeit, sind aber kerngesund und wollen gar nicht arbeiten. Das fängt mit relativ harmlosen Dingen an, und wenn man denen nicht Einhalt gebietet, steigern die sich ganz enorm.

Liebe Grüße und danke für den guten Kommentar,
Annelie