Sucht ein Jeder sich in dem Anderen nicht?

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von Marie Mehrfeld

Ja, ich spür’, dass ich bin, und mein Leben hat Sinn;
doch frag’ ich auch - wer? Wo komme ich her,
wo will ich nur hin, was bringt mir Gewinn?

Ist das Dasein nur Schmach? Gibt’s ein Leben danach?
Kann es sein, ich gehör’ nicht in diese Zeit?
Bin ich ein Relikt der Vergangenheit?

Wenn du schliefst, war ich wach, war ich stark und du schwach;
wachtest du, fand’ ich Ruh, denn ich wusste, dass du
mich beschützt, wenn es donnert, wenn’s blitzt;

meine Seele, sie zittert, wenn’s stürmt und gewittert –
denn der Donner weckt Ängste, tief innen versteckt,
das habe ich schon, als ich Kind war, entdeckt;

und dann dankte ich dir, dass du neben mir gehst
und mich hörst und verstehst;

wer bin ICH, frugst selbst du, s’ließ auch dir keine Ruh’;
wurden Ziele verfehlt, ist’s die Liebe, die zählt,
wann stirbst du und wann ich? Wir wussten es nicht;

und fragten doch weiter, ganz unbeirrt,
wie bleiben wir heiter, wird’s hell, wenn man stirbt?

Mein Herz ist so voll, der Kopf so leer,
mir fehlt das gemeinsame Wandern so sehr,

ich spüre die Wand und kann nichts begründen,
mir fehlt deine Hand, um Hoffnung zu finden;

Konturen verschwimmen, die Bilder verblassen,
ich kann nichts bestimmen, sollt’s Denken sein lassen;

nur im Traum kann ich siegen, nur im Traum auch weit fliegen,
über Täler und Höhen –

doch ich werd nie mehr sehen -
wie das golden dämmernde Morgenlicht
sich widerspiegelt’ in deinem Gesicht …

sucht ein Jeder sich in dem Anderen nicht?

Die blaue Blume war nicht auffindbar –
und zu viele Zäune unüberwindbar:
und dennoch war’s gut, wir taten’s mit Mut;

und selbst, wenn ich wüsst’, wer ich bin und wohin
und am End’ auch woher –

könnt’s nicht sein, dass ich dann tief unglücklich wär’?

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