Miss Mutig und der automatische Anti-Erfolgs-Reflex

Bild von Alf Glocker
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Eine innere Protesthaltung ist schon manchmal überlebensnotwendig, manchmal gehört sie auch zu einem Naturritual (Vater-Sohn-Konflikt), manchmal entspringt sie einem krankhaften Zwang und manchmal erfolgt sie aus Liebe. Bei Miss Mutig mag es wohl stets Letzteres gewesen sein, aber ihre automatisch, wie ein Naturgesetz erfolgende Protesthaltung irritierte den dummen Stein stets aufs Neue.

Er wusste, daß Frauen von Natur aus gut sind, oder auch „von Grund auf“ – wenn man so möchte. Er wusste jedoch nicht, was sich seine Lebenspartnerin genau dabei dachte, wenn sie ihn sofort und immer wieder zuverlässig, genau dann angriff, wenn er sich auch nur ein kleines bisschen auf Erfolgskurs befand. Er wusste nur eines mit an Unsicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, daß er sich irrte, wenn er annahm, sie mache irgendetwas aus boshaften Gründen. Das konnte nicht sein, denn siehe oben (Frauen sind von Natur aus …).

Oder es lagen pädagogische Gründe vor, die ihm begreiflich machen sollten, daß der Mensch eben sterblich ist und kein Gott. Wir kennen das aus dem alten Rom. Wenn der siegeiche Feldherr, auf seinem Streitwagen, an den jubelnden Massen vorüberfuhr, dann stand immer der Lorbeerkranzträger hinter ihm, der ihm alle paar Minuten einflüstere: „Memento mori“. Der Mann stellte sozusagen sein Gewissen dar.

Von selbst würde ein erfolgreicher Mensch, sprich „Mann“ (Frauen sind mit an Unsicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch davon ausgenommen), nie darauf kommen, daß er seinen Erfolg nicht verdient hätte. Das muss ihm dann wohl die Frau sagen – wofür hat er sie denn sonst?! Und sie tut das auch – ungern zwar (dies sei hier mit an Unsicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen), aber sie tut es.

Sollte also Sohwass von Schlapp einmal die Gelegenheit am Schopf ergreifen können und sich gekonnt in einen Vordergrund spielen. der ihm nicht zusteht, dann setzt, bei Miss Mutig, sofort der Anti-Erfolgs-Reflex ein. Sie muss sich dann, mit an Unsicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, sofort auf die Gegenseite schlagen, damit sich das Zünglein an der Waage umgehend gegen den Stein kehrt und er für den Eintritt ins Paradies für zu leicht befunden werden kann.

Das ist nicht immer einfach, denn Sohwass von Schlapp, der gewöhnlich zu nichts zu gebrauchen ist, taktiert bisweilen recht geschickt, will heißen „eloquent“, mit seinen stark begrenzten Möglichkeiten. Dann läuft die Welt Gefahr, von im überrundet zu werden – was es selbstverständlich, wenn nötig, auch brutal zu verhindern gilt. Dann handelt Miss Mutig sehr schnell und wahrhaft entschlossen! Ihr Blick wird stechend … er verdüstert sich!

In ihrem kompetenten Kopf gehen die relevantesten Dinge vor sich. Was ist zu tun, lautet ihre vordringlichste Frage an sich selbst.
Und allermeistens fällt ihr dann auch die passende Lösung ein. Wenn Stein sich mal wieder mit ein paar Kalauern, mit aufdringlichen Wissenstiraden, oder mit an übersinnliche Zauberei grenzenden Kunststückchen in den Vordergrund gedrängt hat und jemand reichlich genervt darauf reagiert, weil er/sie dadurch selbst in eine Art „Hintertreffen“ geraten ist, dann ist, in Miss Mutigs Augen, die Zeit gekommen, Komplimente zu machen. Wem?

Wir können getrost davon ausgehen, daß Stein dafür nicht in Frage kommt. Damit er aber erst gar nicht ins Rollen kommt, brauchen die anderen jetzt die geeignete Soforthilfe. Miss Mutig springt mutig ein. Sie lobt Steins Widersacher massiv und lädt ihn sogar vorab schon mal zum Essen ein, denn „Leute wie Du sind bei >UNS< immer gerne gesehen“ sagt sie, freundlich wie eine Harpyie aus 1000 und einer Nacht *. Stein bleibt dann glücklicherweise meist das Wort im Halse stecken. Er kommt ins Grübeln!

Und nach geraumer Zeit fällt ihm sogar ein, wie unhöflich er gewesen war, sich derart wichtig zu machen, wo er doch mit solch einer bewundernswerten Frau verheiratet ist, die jede nur erdenkliche Form der Aufmerksamkeit, von seiner Seite aus, verdient. Und mit an Unsicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erkennt er, was er falsch gemacht hat. Richtig lernen kann er jedoch wohl kaum aus der betreffenden Situation, denn Stein ist und bleibt auf immer und ewig nur ein Stein – ohne Wenn und mit sehr viel Aber …

* Erwähnt soll hier noch sein, wie solch eine unselige Geschichte dann ausging.
Eingeladen wurde Herr P. M., der Held, der dem Stein Paroli geboten hatte, zum Zweck der weiteren, rechtmäßigen Zertrümmerung Steins, der am Ende der Zeremonie nur noch aus Bröseln bestehen sollte. Aber wie so oft. Kam es sogar anders, als Miss Mutig dachte. Denn der Herr P. M., der übrigens „Magister der Germanistik“ war, sah sich, nach 2 – 3 Einladungen, außerstande, Sohwass von Schlapp bezähmen zu können. Ganz im Gegenteil. Er wurde eher Steins Fan und setzte der leidigen Geschichte noch damit die Dornenkrone auf, indem er zu Miss Mutig einmal lachend sagte: „Wie fühlst Du dich denn, in Gegenwart zweier solcher Geistesgiganten wie dem Grafen und mir?“
Das war natürlich entschieden zu viel! Miss Mutig kam nicht umhin, die neu entstandene Freundschaft zwischen den beiden Steinen umgehend zu beenden.
„Den hätte ich an deiner Stelle doch ganz spontan rausgeschmissen!“, posaunte sie, in ihrer betont dezenten Art. „Jeder weiß doch, daß er ein stadtbekannter Alkoholiker ist!“, ergänzte sie weise. Und Sohwass sah sich veranlasst zu handeln …

P. M. rief noch etliche Male an, um sich bei den Schlapps einzuladen, aber er bekam nur noch „rien ne va plus“ zu hören. Nichts ging mehr! P. M., der Magister, hatte es sich auf immer und ewig verscherzt. Miss Mutig wandte sich neuen Horizonten zu!

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Kommentare

13. Mai 2020

Vom Trunk geschützt scheint der Magister,
Säuft seine Putzfee die Kanister ...

LG Axel

13. Mai 2020

Putzfeen die direkt aus Kanistern saufen
sind schon sehr zum Haare raufen...

LG Alf

13. Mai 2020

...nicht folgenlos blieb Miss Mutigs Einsatz
zu neuen Sternen & Laternen!

Grüße um die Ecke,
Monika

13. Mai 2020

...und aus der Ecke ein Dankeschön!

Alf

13. Okt 2020

Tja, meistens kommt es anders, als man zweitens denken kann ...
Wobei: Eigentlich ist ja alles beim alten geblieben (beim Alten?).