ZUA HÖLLE MIT EICH OIN - Page 2

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von Gherkin Green

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bald zeigte sich, dass die Arbeit mit den beiden an und für sich recht hübschen "Omis" nicht ganz leicht war, da sie sich so an die 50 – 60 x an einem 14-Stunden-Arbeitstag übergaben. Na, immerhin hält das kernig schlank, schau-schau, dachte sich der Tupfinger Josef, und machte sich daran, die entsetzlichen, nahezu skandalös ungepflegten, übel riechenden Drecksmauken eines gut 87jährigen Ex-Berbers einzuölen und zu massieren, fragte dabei recht unbefangen seine Assistentinnen: „Na, Doris und Lore, woran seid Ihr zwei denn verstorben?“ Da wurde ihm von der Aufsicht, zwei Unterteufeln in weißer Kleidung, mit einer Schärpe (Aufschrift: Hell Monitor), barsch beschieden:

„Keine Unterhaltung während der Dienst-Zeiten!“ Au weia, dachte der Sepp, doppelt und dreifach Au weia! Der nächste Patient: Jopi Heesters. Und der zeigte, singend, einen total verschorften Huf vor. Nochmals – Au weia!! Ließ sich die Singerei nicht stoppen? Und wenn ich diese uralte Kröte töte? Doch da tönte bereits die Stimme des einen Aufsicht-Teufels, in seiner weißen Tracht: "Töten? Hier unten? Das solltest du mal versuchen, 140304237!" Und lachte so ein irrsinnig wieherndes, nervtötendes und brüllend lautes Bruuuhahaaaa-Lachen, dass einem wirklich davon alle Sinne schwinden konnten. Zitternd vor Wut und Angst ließ er das Greislein also am Leben. Heesters tönte: "Gern hab ich die Frau´n geküsst..." - und der Tupfinger ergänzte, sehr erbost, heiser röhrend: "Die Rethel habe ich niemals vermisst..."

Manch einer hier unten denkt an den Heinrich-Heine-Satz: "Gott wird mir verzeihen, denn das ist ja sein Beruf!" Aber eben nicht hier unten. Hier nicht. Es ist zu spät dafür.

Nun mag der intelligente, mitdenkende Leser vielleicht fragen: Was soll das für eine Hölle sein, in der einer, der Füße hasst, dieselben zu pflegen hat, und der andere sich aber genau jene pflegen lassen darf? Das ist rasch beantwortet: Derjenige, der die Fußpflege aufsucht, hat immense Fußschmerzen! Jede Berührung, jede Massage, jedwedes Hornhaut-Raspeln oder Nagelbett-Pflegen bereitet Pein, heftige Schmerzen und entsetzliche Qualen. Und so umgab das Wirken und Pflegen der 3 höllischen Kräfte Doris, Sepp und Hannelore Elsner ein unentwegtes Gestöhne, Schmerzensgebrülle und andauerndes Ach und Weh, natürlich ab und an unterbrochen durch die Würg- und Kotzgeräusche der beiden Frauen, jedoch hin und wieder auch vom Erbrechen des Chef-Fußpflegers selbst, des Pediküre-Masters of bloody hell, Josef Tupfinger jun.; gerade jetzt aber auch unterbrochen vom jämmerlichen Singsang des Doppel-Greises Jopi Heesters. "Stirb!" so dachte der Tupfinger. Aber, nun ja, sonderlich intelligent war dieser Tupfinger Josef eben nicht. Es ging ihm einfach nicht in den massigen, hochroten Schädel, dass der gute Jopi bereits tot war, leider aber immer noch singen und klingen konnte. Nicht nur zum Leidwesen von Sepp, Doris und Hannelore.

Im Einzelgespräch, bei dem Unterteufel Alfredo Stroessner, der seit dem 16. August 2006 seinen Dienst in diesem gehobenen Bereich zu verrichten hatte, der vergebens auf eine Beförderung zum Oberteufel wartet, und der rein gar nichts so sehr verabscheute wie Einzelgespräche aller Art, war nun ein smarter Endfünfziger vorstellig geworden, Berthold Albrecht. Das volle, schlohweiße Haar im Kontrast zu seinem grellroten Overall, der Habitus eines so erfolgreichen Geschäftsmannes in Verbindung mit einem über Jahrzehnte gewohnten gehobenen Lebensstil lastete ihm noch wuchtig an, wenngleich in Erwartung der sicheren Höllenqualen sich nun doch eine gewisse Ernüchterung im Gesicht des einst so schwer reichen, stets charismatischen ALDI-Erben (alles natürlich im Ex-Bereich zu sehen!) abzuzeichnen schien, hier saß einer derjenigen „großen Männer“, für die Stroessner seinen ungeliebten Job vielleicht, und sei es für wenige Minuten nur, etwas weniger hasste. „Nun, Albrecht, willkommen…“ Eben hatte Max von Sydow den Raum verlassen. Albrecht kannte das Gesicht, wusste aber den Namen nicht. Glücklich aber sah dieser Max von Sydow nicht gerade aus beim Verlassen des Büroraumes.

Alfredo Stroessner setzte die Wörter ein wenig gönnerhaft-selbstzufrieden, ein ganz klein wenig Guido Knopp mäßig, und er hatte seine Freude an der entsprechenden Reaktion, die unwillig und unwirsch ausfiel. Stroessner sprach Deutsch, ohne jeden erkennbaren Akzent.

„Was haben Sie am meisten geliebt, Berthold Albrecht? Mehr als Familie, Geld und Frauen?“ Hier ist das rasche Zucken des Mundes, das Spitzen der Lippen, das nur für den äußerst aufmerksamen Betrachter deutlich zu verzeichnende Aufblitzen der sonst eher trüben Augen, für Nanosekunden nur, Verrat am ureigenen Gedankengut – ein Genießer gedenkt seiner wahren Freuden. Berthold antwortete: „Oldtimer! Ich liebe Oldtimer, o ja, in ihnen zu sitzen, Rallyes zu fahren, sie gut zu pflegen, sie anzuschauen, sie alle zu sammeln, sie zu bewundern und zu besitzen, ja, Oldtimer sind mein Ein und Alles… Ich besaß so viele davon. Und jedem einzelnen habe ich auch einen Namen gegeben!“ Wenn des Greisleins Äuglein blinken, möcht man glatt darnieder sinken... Doch Senor Alfredo Stroessner, unbeeindruckt:

„So wisse demnach, Albrecht, Du wirst fürderhin, gute 200 – 250 Tage - und mache Dich besser auf gute 250 Tage gefasst, da beißt die Maus den Faden nicht durch (A. Stroessner zeigte sich nicht so ganz Sprüche sicher, was den deutschen Volksmund betraf), besonders teure Oldtimer zerlegen und mittels allerlei Werkzeug regelrecht zerhacken. Du wirst sie in arg winzige Stücke zerlegen, die dann zur Herstellung von billigen Konservendosen für LIDL-Produkte Verwendung finden sollen, nachdem durch Dich die Einschmelz-Phase eingeleitet worden ist. Beginne gleich heute, in einem 14-Stunden-Arbeitstag, mit einem recht edlen Ferrari 250 Testa Rossa von 1957…“ ---

Ein langgezogenes Klage-Geräusch entwich daraufhin dem Munde einer der wohl ehemals reichsten Persönlichkeiten Deutschlands, nun so jämmerlich dort sitzenden, neuen Höllen-Insassen, der allein bei diesem Gedanken daran, einen Testa Rossa (von 1957) in winzige Kleinteile zerlegen zu müssen, in Schockstarre verfiel. „Aaaarrrggghh“ kam es dumpf aus dem einst ja so mächtigen Schlund, der mit lediglich wenigen Worten Millionen verschoben, Existenzen nicht nur beendet, sondern regelrecht auszulöschen verstanden hatte, und aus dessem Munde sowohl Freude, Angst als auch unaussprechliches Leid verkündet worden war. Und nun nur mehr das, ein gurgelndes, leicht asthmatisches „Aaaarrrggh“. Die Hände verkrampften sich, der Blick wurde leicht glasig, Berthold Albrecht, gleich um Jahre gealtert, sank in seinem Büßerstuhl in sich zusammen. Von 2 Teufeln wurde er zur Halle „O“ geführt, stark gebeugten Rückens, man konnte seine Nr. deutlich lesen: 140304238-2/O. Langsam, verschwommenen Blickes, hob er den Kopf.

In dieser Halle standen unzählige schöne Oldtimer. Albrecht griff sich

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