A Halloween Story: Danse diable - Page 3

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mit Sicherheit vergast.
Wiederum unterbrach ein - diesmal mit einem eher fröhlichen Unterton – gepflegtes Lachen des Hierophanten die vulgären Gedankengänge des braunen Philosophen.
‚Der kleine Emporkömmling! Dieser beschränkte Kleinbürger wollte sein eigenes Süppchen kochen, daher haben wir ihn fallenlassen. Vielleicht sollte ich Ihn als Hofnarr halten, aber ich fürchte, dafür ist Er doch zu primitiv!‘
Nun ergriff die Konfusion vollends den braunen Jörg. Konnte der Kerl etwa Gedanken lesen?
‚Ganz genau! Aber ich beginne mich zu langweilen. Schergen, schlagt ihn erst einmal ordentlich zusammen!‘
Diddi und Larry begannen nun genussvoll ihren Auftrag auszuführen, während der Hohepriester mit einer verächt-lichen Handbewegung der anwesenden, bunten Fraktion gestattete, die Schläger durch anfeuernde Rufe zu unterstützen. Zwei gebrochene Rippen und sonstige Blessuren später, gebot der Großherr mit einer weiteren Geste den Scheiße-aus-dem-Leib-Prüglern nebst Cheerleadern Einhalt.
‚Das reicht, schließlich haben wir mit unserem Freund noch Großes vor! Ihr Knechte, fesselt seine Füße und deponiert ihn in dem Sarg dort drüben!‘
Derweil hatte der Skinhead die ganze Prozedur nicht kommentarlos über sich ergehen lassen, sondern stieß neben Schmerzensschreien einige ordentliche Flüche aus, die aber mit der Zeit zunehmend an Intensität und Lautstärke verloren.
‚…Ihr miesen Säue…‘
‚Herr, sollen wir dem Elenden die Zunge herausschneiden lassen?‘
Der beutelschneidende Landtagsabgeordnete wandte sich in gewohnt schleimig kriecherischer Art an seinen Meister.
‚Nein, das würde seinen Auftritt verderben! Außerdem finde ich seine stupiden Ausrufe recht amüsant.‘
Inzwischen deponierten die Polizisten den halbtoten Meyer in das angewiesene Behältnis. Der Hierophant begab sich langsam in das Gesichtsfeld des inzwischen heiser gewordenen Fluchers.
‚Ich will Ihm nicht vorenthalten, wozu ich Ihn vorgesehen habe. Morgen werden die Riten mit einer feierlichen Kreuzigung abgeschlossen, Er soll dafür als Protagonist dienen. Am Kreuze mag Er dann verfolgen, wie wir seine Schwestern auf aztekische Art opfern! Aber das dürfte ja nicht neu für Ihn sein, schließlich hat Er heute bereits einen solchen Tod gesehen!‘
Endgültig vor Angst der Sprache beraubt, blickte der Hauptdarsteller zukünftiger Rituale den Hohepriester entsetzt aus seinem offenen Sarg an.
Mit einem hämischen Funkeln in den Augen erwiderte der Großherr genussvoll gnadenlos seinen Blick.
‚Ich fürchte, unser kleiner Renegat fühlt sich einsam. Hopp Knechte, holt seine große Liebe dort drüben aus dem Sarg und legt sie auf ihn.‘
Wie gölte Blitze beeilten sich die beiden Ordnungshüter, begleitet vom höhnischen Gelächter der satanischen Brut, den Auftrag auszuführen und das letzte Opfer mit dem Gesicht nach unten auf Meyer zu legen, der nunmehr völlig gebrochen zu einem Wimmern fähig war.
‚Lassen wir die Liebenden nun alleine und kümmern uns um die Verwandtschaft des Abtrünnigen!‘
Gemessenen Schrittes entfernte sich der infernalische Klerus, während die beiden Ordnungshüter die Schein-werfer ausschalteten und den einzigen Eingang zum Gewölbe, ein schwere Eichentür, verriegelten.

(…)

Geschunden und in dumpfer Verzweiflung lag Meyer, bedeckt vom erkalteten Leichnam, seit Stunden in der Dunkelheit. Zwischenzeitlich war er sogar vor Erschöpfung eingeschlafen, aber nach einer ungewissen Zeitspanne wieder erwacht, um nach Realisierung seiner Lage einen Schreikrampf zu bekommen, der nach einiger Zeit durch hemmungsloses Weinen abgelöst wurde. Letztendlich verfiel der gebeutelte Skin in dumpfe Apathie, die durch das dämmrige Licht eines eingeschalteten Scheinwerfers gebrochen wurde. Blinzelnd erkannte er eine Gestalt, die geschickt die Tote von ihm wegrollte und ihn mit Hilfe eines Cuttermessers blitzschnell von seinen Fesseln befreite. Bevor der entfesselte Jörg irgendwie reagieren konnte, hatte sich der Unbekannte auch schon entfernt.
Ächzend, mit steifen Gliedern und von Schmerzen geplagt, erhob sich der Befreite langsam aus dem Sarg. Als er die offene Gewölbetür erblickte, stieg eine irrwitzige Hoffnung in ihm hoch. Offensichtlich waren diese verrückten ‚Teufelsanbeter‘ untereinander uneins und einer dieser Typen wollte ihn entkommen lassen. Allerdings ließ die physische und psychische Verfassung des Skinheads wenig Raum für weitere Erkenntnisse, sodass er die Ursachen für seine Befreiung nicht weiter hinterfragte.
Soweit es sein körperlicher Zustand zuließ bewegte sich Meyer aus dem Gewölbe, um in einen halberleuchteten Tunnel zu gelangen, in dessen Wandnischen sich eine Unzahl von menschlichen Knochen befanden. Nach einiger Zeit erreichte der Flüchtende den Ausgang, der aus einer Treppe bestand, die ihn unmittelbar in eine vom Mondlicht erhellte Familiengruft – ein kleines, aber feines Mausoleum – führte. Offensichtlich war der Eingang normalerweise durch eine Art beweglichen Sarkophag versiegelt, der sich nach Betätigung eines Geheimschalters zur Seite bewegte.
‚Ich glaube, es ist soweit, wir sollten jetzt kurz eine rauchen!‘
Überrascht durch die Stimmen, die aus Richtung des offenen Eingangs zur Gruft erklangen, kauerte sich Meyer ängstlich hinter den bewussten Sarkophag. Obwohl sein geschundenen Körper die unter normalen Umständen sowieso nicht übergroßen, mentalen Fähigkeiten einschränkten, fragte sich der Skinhead allmählich, warum die ‚Teufelsanbeter‘ wohl keine weiteren Wachen aufgestellt hatten. Der Kauernde lauschte den sich langsam entfernenden Schritten und begab sich hoffnungsvoll entschlossen Richtung Ausgang, um einen kurzen Blick aus dem selbigen zu werfen. In zirka 10 Meter Entfernung standen zwei Polizeibeamte - diesmal nicht Diddi und Larry – mit dem Profil zu ihm und rauchten gemütlich ihre Zigaretten, offensichtlich in einem flüsternden Gespräch vertieft. Der Flüchtende begriff, dass es sich bei den beiden Ordnungskräften offensichtlich um Wachposten handelte, die den Eingang zur Gruft sicherten und er entkommen musste, bevor beide wieder ihre Stellung bezogen. Langsam schlich der wenig lautlose Jörg sich an den Posten vorbei, ohne die schlecht verborgenen, höhnischen Seitenblicke der beiden Polizisten zu registrieren. Bevor es dem Schleichenden gelang, den Bannkreis der Wachen vollends zu verlassen, hörte er lautes Gelächter begleitet von einem ihm unverständlichen Funkspruch.
Allmählich gelang es Meyer sich zu orientieren. Ohne Zweifel befand er sich ganz in der Nähe des Südeingangs des Friedhofs, gegenüber dem sich die St. Judas Kirche befand. Ein Schimmer eitler Hoffnung ergriff Jörg den Apostaten. Der Gemeindepriester, Pater Braun, war in Harst bekannt als ein wohltätiges Fanal des Glaubens, der sogar Obdachlose gelegentlich in seiner Kirche übernachten ließ. Wenn einer ihm gegen die Teufelsbrut helfen konnte, dann dieser gütige Vertreter der christlichen Religion. Vielleicht hielt der Pater heute noch eine Mitternachtsmesse oder es bot sich zumindest die Gelegenheit sich auf dem Gelände der Kirche bis zum nächsten Morgen zu verstecken!
Tatsächlich gelang es Meyer ohne weitere Störungen durch den offenen Südausgang des Friedhofs bis zur Kirche vorzudringen, die düster vor ihm aufragte. Erschöpft ließ sich der Geflüchtete auf den unteren der Stufen, die zum prächtigen Eingang des Gotteshauses führten, nieder.
‚Mein Sohn, was tust Du hier?‘
Wie aus dem Boden gewachsen stand der gewichtige Pater Braun vor ihm und schaute den Sitzenden mit gütigen Augen an.
‚Gottseidank! Hochwürden, Sie werden es mir nicht glauben, aber mich jagen gefährliche Mörder! Sie beten den Teufel an und töten Menschen! Bitte, Sie müssen mir helfen!‘
Die Erleichterung und sein angeschlagener Zustand ließen den Skin nicht sonderlich über die Seltsamkeit der Situation nachdenken.
‚Beruhige Dich, mein Sohn! Du siehst furchtbar aus! Komm mit in das Haus des Herrn, ich helfe Dir mit den Stufen.‘
Von beruhigenden Worten des Priesters geleitet, erreichten beide schließlich die Kirchenpforte. Während Pater Braun mit dem einen Arm den völlig erschöpften Meyer stützte, schlug er mit der Hand des Anderen heftig gegen das Portal, welches vehement aufgerissen wurde. Diddi und Larry übernahmen recht gewaltsam Jörg den Ahnungslosen und schleiften den völlig Perplexen ins Innere der Kirche. Ein Aufschrei absoluter Verzweiflung des Wiedereingefangenen kommentierte den ungewöhnlichen Anblick, der sich dort bot. Vor dem Altar stand der Hierophant, hinter dem sich ein gewaltiges umgedrehtes Holzkreuz erhob. Andachtsvoll hatte sich die farbenfrohe, satanische Gemeinde in der Basilika, die bei sonstigen Messen eher wie ausgestorben wirkte, versammelt.
‚Gut gemacht Pfaffe!‘
Pater Braun, noch immer am Eingang stehend, verbeugte sich ehrfürchtig.
‚Danke Meister! Das ist doch etwas ganz Anderes als ein stinkender Penner und doch bestimmt 1000 bescheidene Euro wert!‘
‚Gebt dem Pfaffen seine Silberlinge und dann möge er verschwinden! Nun zu Ihm: Er möchte doch nicht seinen großen Auftritt versäumen, zumal Seine Familie auch schon da ist. Lasst das Ritual beginnen!‘ (…)

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31. Okt 2020

Ich brauche gar kein Halloween -
Frau Krause gibt die Ganzjahrs-Queen ...

LG Axel

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