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Ich bin schon seit einer ganzen Zeit arbeitslos. Bestimmt schon fast 6 oder 7 Jahre. Ich bin nicht faul, nein auf keinen Fall, mich ärgert dieses Klischee, dass alle Arbeitslosen faul und ungebildet sind, seit Jahren schreibe ich Bewerbungen für verschiedene Stellen, doch bis auf befristete Sachen habe ich nichts bekommen und nun ja, seit fast 7 Jahren gar nichts mehr.
Ich bin Mitte fünfzig, habe einen durchschnittlichen Abschluss, denn meine Mutter wollte nicht, dass ich auf das Gymnasium gehe, ich wäre auch der erste in der Familie gewesen, meine Ausbildung in der DDR ist keinen Pfifferling wert und durch einen Bandscheibenvorfall darf ich nicht mehr schwere körperliche Arbeit machen.
Ich würde gerne arbeiten und ich verschicke auch wöchentlich Bewerbungen an die verschiedensten Unternehmen. Klar komme ich nicht immer dazu, es gibt Phasen in denen man resigniert, in denen man monatelang nur Absagen bekommt und dann kurzzeitig wirklich nur im Bett liegt und depressiv ist, aber wer wäre das nicht.
Vor ein paar Wochen fand ich in der Zeitung eine Anzeige „Einfache Büroarbeit, keine Vorkenntnisse nötig“. Mir ging es nicht gut, ich hatte eine Grippe, aber trotzdem wollte ich mich dort bewerben, denn ein Bürojob wäre wirklich etwas, was ich gerne machen würde.
Mein Sohn, der momentan eine Ausbildung bei der Bank macht, kam vorbei und half mir bei der Bewerbung, denn ich habe Legasthenie, Leserechtschreibschwäche, ihr wisst schon.
Direkt am nächsten Tag verschickte ich die Bewerbung und hoffte auf das Beste. Viel Hoffnung war es nicht, aber trotzdem, ein bisschen bleibt doch immer. Tatsächlich nur wenige Tage später kam ein Schreiben der Firma zurück. Ein Vorstellungsgespräch, das erste wohl nach über einem Jahr. Ich zog meine besten Sachen an, die ich hatte und ging früh los, um etwas früher zu erscheinen.
Die Firma war oben auf einer Anhöhe, in einem grauen Stadtteil. Ich fand sie nicht direkt und fragte einen Passanten und sagte ihm die Hausnummer und die Straße. „Nummer 12? Grad da oben, bei den Plattenbauten“, sagte er und zeigte in die Richtung. „Vielen Dank“ „Kein Problem“
In einem Plattenbau schien es zu sein und ich klingelte an dem kleinen Schildchen, welches sich deutlich von den anderen abhob. Während die anderen Schilder der Klingeln grau und fleckig waren, glänzte dieses, war poliert. In großen Buchstaben stand dort: Godhot Services – Zweigstelle
Ich klingelte und kaum einen halben Gedanken später, ertönte ein Surren und man ließ mich hinein. Die Stufen des alten Treppenhauses waren sehr lang und ein Geruch von Alkohol und kaltem Rauch durchströmte das Gebäude. Schließlich kam ich zu einer offenen Tür, an der eine vergoldete Plakette angebracht worden war; wieder in großen Buchstaben: Godhot Services – Zweigstelle
Ich trat ein und es war wie ein Weltenbruch, von einer in die andere Welt zu springen, denn hier war es warm und sauber. Ein einzelner Gang, links 4 Zimmer mit milchigen Glastüren und rechts 4 Zimmer mit milchigen Glastüren. Es roch nach Luft-Erfrischer und ich ging bis zum Ende des Gangs, zu der Tür an der Anmeldung stand. Ich klopfte. Keine Antwort. Ich klopfte ein weiteres Mal, doch immer noch keine Antwort. Ich wartete kurz ab und trat ein. Irgendwer musste ja da sein, schließlich hatte man mir ja auch die Tür geöffnet.
Die Sekretärin war eine ältere Frau, die mit leeren Augen in Richtung des Fensters starrte.
„Ich komme wegen des Vorstellungsgesprächs“, sagte ich vorsichtig, denn ich wollte sie nicht erschrecken, sie schien mich noch gar nicht bemerkt zu haben. Langsam drehte die Frau ihren Kopf zu mir und formte ihre Lippen zu einem bitteren Lächeln. Mit einem Fingern zeigte sie zu einer Tür hinter ihr.
Ich folgte dem Zeichen und ging zu der Tür. Klopfte abermals. „Kommen sie herein“, sagte eine Stimme und ich drückte die Klinke nach unten.
Links, hinter einem hölzernen Schreibtisch stand ein Mann in einem billigen Anzug und schaute hinaus auf die anderen Plattenbauten.
An den Seiten des Raumes standen niedrige Bücherregale, die vor allem Bücher von einem gewissen „Thomas Woynich“ enthielten, wie ich mit einem flüchtigen Blick registrierte. Nach einer unendlich langen peinlichen Stille, drehte sich der Mann um und lächelte. Sein Haar war grau und er war bestimmt 10 vielleicht sogar 20 Jahre älter als ich. „Es stört sie doch nicht wenn ich rauche.“ Ich schüttelte den Kopf und der Mann zog eine Zigarette aus einem Etui und zündete sie an und legte sie schon nach wenigen Zügen in den Aschenbecher.
„Ich habe ihre Bewerbungsunterlagen gesehen und ich muss sagen, wunderbar, ich glaube sie sind perfekt für diese Arbeit“, sagte der Mann und setzte sich hinter den Schreibtisch. „Wir wollen keine Zeit verlieren mit sinnlosen Fragen verlieren. Ich bin überzeugt, dass Sie die Arbeit machen können. Wann können sie anfangen?“
„Morgen, ab morgen“, sagte ich.
„Wunderbar, kommen sie morgen zur selben Zeit ins Sekretariat, man wird sie in ihre Arbeit einweisen. Hier ist ihr Arbeitsvertrag. 3 Monate Kündigungsschutz, eine angemessene Bezahlung, naja sie werden es selbst sehen“, sagte der Mann drückte mir ein paar Papiere in die Hand. „Bringen Sie sie morgen einfach wieder unterschrieben vorbei, wenn sie hier arbeiten möchten.“
Der Mann gab mir einen festen Händedruck und geleitete mich zur Tür hinaus.
Arbeit, endlich wieder arbeiten. Ich ignorierte die ganzen kleinen Seltsamkeiten und kehrte nach Hause zurück. Mein Sohn half mir wieder dabei den Vertrag durchzugehen und war erstaunt über die gute Bezahlung und allgemein über die guten Konditionen.
„Einen richtigen Glückstreffer hast du da gelandet, der Arbeitsvertrag ist echt verdammt gut“, sagte er lächelnd. „Kein Haken?“, fragte ich. „Nein, da ist wirklich kein Haken.“
Ich unterschrieb direkt und freute mich schon auf meinen ersten Arbeitstag. Früh stand ich auf, machte mich wieder frisch und fuhr mit dem Bus in den etwas abgelegenen Stadtteil. Oben angekommen ging ich auf die Anmeldung zu und sah zu der Sekretärin.
„Guten Morgen, ich soll eingewiesen werden“, sagte ich lächelnd. Wortlos stand die Sekretärin auf und sah mich ohne die Spur eines Lächelns an. Sie führte mich in einen der Räume, der dritte vom Eingang aus, links.
Der Raum war spärlich möbliert, lediglich ein Stoß Papiere auf einem Schreibtisch hinter dem ein Bürostuhl stand waren hier zu finden. Das Licht der Energiesparlampe ließ den Raum

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