Als Kind war er ein Überflieger,
ein Wonneproppen und ein Sieger,
verhätschelt von der Frau Mama
und streng gehalten vom Papa,
schulisch der Beste war er stets
und fragte höflich oft, wie geht’s,
ja, es ist wirklich nicht erlogen,
er war sehr brav und wohlerzogen,
der Eltern Stolz war er, ihr Hoffen,
Erfolg in Zukunft schien ihm offen,
Genauigkeit lag ihm im Blut,
Jurisprudenz, sie tat ihm gut,
bestand Examina im Nu,
auch danach gab er keine Ruh,
erklomm die höchste Hierarchie
und wirklich glücklich war er nie.
Hat sich zwar einmal sehr verliebt,
doch hatt’ er’s bald bei ihr versiebt,
zu wenig Zeit für Zweisamkeit,
die Frau, sie hatte bald ihn leid,
so trabte solo er durchs Leben,
genommen hat er, kaum gegeben,
er litt am End’ an Einsamkeit;
mir tut der Überflieger leid ….
Intelligenz, sie war geschliffen,
den Sinn des Lebens nicht begriffen,
denn wer die Liebe nie genossen,
der stirbt oft einsam und verdrossen …
Überflieger
von Marie Mehrfeld
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- Gedichtform und Thema: Dichtung, Menschen
Kommentare
Wer laufend stark nach oben strebt,
Bestimmt bald an der Decke klebt ...
LG Axel
Da oben bleibt er dann auch kleben;
dabei vergaß er ganz, zu leben …
LG Marie
Liebe Marie, was mir so gut an deinen Gedichten gefällt: Du hinterlässt das Traurige und Schwere, das du analytisch und treffend beschreibst, immer mit einem versöhnlichen Ton. Man kann gar nicht anders, als betroffen zu sein, oder versuchen, zu verstehen.
Ja, liebe Laleah, ich arbeite dauernd daran, das Schwere hinter mir zu lassen, schreibe es mir, sozusagen, von der Seele – und suche ein gutes Ende; das – und überhaupt schreiben, sich austauschen – hilft. Danke für Deine Worte.
Marie
Eine Lebensgeschichte, einfühlsam von Dir beschrieben, lässt mich als Lesende auch fragen, warum der " Überflieger" nicht anders konnte bzw so ein Leben führen musste. Doch eine angeborene Disposition? Dein Text wirkt nach.
Sei herzlich gegrüßt, liebe Marie.
Ingeborg
Liebe Ingeborg, das ist eine Art Bänkelgesang, etwas überspitzt ausgedrückt, aber bedauernswerte Typen wie den beschriebenen gibt es gar nicht so selten, mir ist nicht nur einer bekannt, sie definieren sich vorwiegend über ihren Beruf, den sie 200 %-ig auszufüllen versuchen - vergessen darüber, das Leben, die Liebe zu genießen und enden in Einsamkeit.
Sei herzlich zurück gegrüßt - Marie