Beyond the veil: Das Auge des Milikles - Page 3

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egal, ob der Edelstein nun magisch ist oder nicht, er ist ein erlesenes Stück, wie es ihn kein zweites Mal auf der Welt gibt und Du wirst ihn mir besorgen!“
Wie sagt man einem irren Mörder, dass er den Verstand verloren hatte? Alkastos sah den sich in Begeisterung geredeten Monarchen nachdenklich an.
„Herr, ich verstehe nicht ganz. Abgesehen davon, dass diese Karte vielleicht echt ist, aber durchaus der Phantasie eines kranken Hirns entsprungen sein kann, wozu benötigt Ihr eigentlich meine bescheidenen Dienste?“
„Dann wollen wir Tacheles reden? Das ‚Auge des Milikles‘ befindet sich auf einer Insel mitten im Meer von Skotadi. Ich kann keine Flotte durch die Säulen des Memnon schicken um die Insel zu finden, ohne einen Krieg mit Amphipolis zu riskieren und mein Vorhaben publik zu machen. Also bleibt es mir nur übrig möglichst diskret vorzugehen und nur ein Schiff zu senden, um möglichst wenig Aufsehen zu erregen. Da kommst Du ins Spiel Danaer. Ich brauche einen ungewöhnlich begabten Kapitän, der es unbemerkt durch die Meerenge bei Amphipolis schafft und in der Lage ist, das Eiland auch zu finden. Meine Spione haben mir wahrhaft Wunderdinge über Deine nautischen Fähigkeiten erzählt, deshalb wirst Du mir den Stein bringen!“
Feierlich nickte der hochgelobte Nauarch dem Monarchen zu, innerlich lachend über die Naivität des einfältigen Barbaren. Natürlich würde Alkastos den Teufel tun und Kopf und Kragen für die Spinnereien dieses royalen Geistesgestörten riskieren, sondern sich umgehend nach Ephetion verkrümeln.
„Großer König, es ist mir eine große Ehre! Ich werde sogleich mit meiner Crew aufbrechen und Euch den wundervollen Rubin zum Selbstkostenpreis besorgen!“
„Nein, mein lieber Alkastos, so einfach geht das nicht! Zunächst bleiben Deine Leute als Gäste bei mir. Mein treuer Knecht Pharnabessos wird Dich mit 50 unserer besten Soldaten und Seeleute begleiten. Aber vielleicht kann ich Deine Begeisterung für das Unternehmen noch entfachen. Ich habe Dich nicht umsonst hierhergebracht. Siehst all diese Kostbarkeiten und Kleinodien, die Dich umgeben? Das alles soll Dein sein, wenn du mir das ‚Auge des Milikles‘ bringst!“
Unter diesen Prämissen beschloss der Kapitän, sich vorerst zu fügen.
„Oh weisester aller Herrscher, wer garantiert mir eigentlich, dass sich Eure Majestät nicht einfach hinsichtlich der Belohnung umentscheidet, wenn ich das köstliche Kleinod aushändige?“
„Verfluchter Hund von einem Danaer! Du wagst es, so mit unserem herrlichen Monarchen zu reden? Das wirst Du …“
„Schweige, mein getreuer Pharnabessos! Betrachten wir den Danaer als ein unwissendes Kind, das törichte Fragen stellt. Du hast mein königliches Ehrenwort, dass all diese Schätze demjenigen gehören sollen, der mir das ‚Auge des Milikles‘ bringen wird. Auch schwöre ich, dass ich und keiner meiner Untertanen den Überbringer verletzen oder töten werden. Das sollte Dir genügen! Wisse auch, dass ich Dir im Falle einer Weigerung oder des Versagens die Gnade eines heißen Rendezvous mit meinem Stier bescheren werde. Aber Du wirst mich ja nicht enttäuschen, nicht wahr?“
„Dein Wunsch ist mir Befehl, großer König. Jedoch benötige ich einige Mitglieder meiner Mannschaft zur Unterstützung, um meine Mission zu Eurer Zufriedenheit erfüllen zu können!“
„Ich gewähre Dir fünf Männer Deiner Wahl, das sollte keine Gefahr darstellen. Pharnabessos, mein getreuer Sklave und herzgeboppeltes Dreckschippche, lass Dir die Namen geben und schicke einen Boten mit einer ausreichenden Ehrengarde, um den Rest unserer danaeischen Gäste in unseren schönsten Verliesen unterzubringen. Alkastos, mein Nauarch des Herzens, Du wirst mir doch das Vergnügen bereiten, mich zu einem kleinen Event zu begleiten und den Rest des Tages mit mir zu verbringen? Bis morgen sollten alle lästigen Formalitäten und die Verproviantierung erledigt sein, sodass Du mit der ersten Flut auslaufen kannst. Aber da Du in meiner besonderen Gunst stehst, darfst Du Dich auch in einer eigens für Dich hergerichteten Folterkammer vergnügen, wenn Du magst!“
„Es ist mir eine Ehre, einen solch großmütigen Herrscher begleiten zu dürfen!“
„So sei es! Pharnabessos hole nun Wachen und Träger hinein. Aber eile Dich, ich möchte pünktlich auf dem Hinrichtungsplatz sein!“

*

Der Archeron war eine Pentekontere, was übersetzt soviel wie ‚Fünfzigruderer‘ heißt. Wie der geneigte Leser schon erahnen mag, kam dieser Schiffstyp durch die 25 Ruder an jeder Seite zu seinem Namen. Die Galeere besaß eine Länge von 35 und eine Breite von 4 Metern, verfügte jedoch auch über einen umlegbaren Mast. Gesteuert wurde das Boot von zwei großblättrigen, seitlichen Rudern am Heck. Im Gegensatz zu reinen Handelsschiffen legte man bei dieser Schiffsart weniger auf Stauraum als auf Geschwindigkeit wert. Für des Nauarchen Zwecke, der ausschließlich mit gewinnbringenden Luxusgütern handelte und nebenbei sein Piraten(un)wesen trieb, eignete sich diese Art von Wasserfahrzeug ausgezeichnet, obwohl man schon arg, bedingt durch den begrenzten Laderaum, mit dem Proviant aufpassen musste.
Alkastos hatte einen sehr unangenehmen Tag, der mit den perversen Vergnügungen des fetten Königs angefüllt war, hinter sich. Nachdem er zur Motivation für seine wichtige Aufgabe am abendlichen Wesir-Grillen und dem Braten anderer ‚Versager‘ -freundlicher Hinweis seines royalen Gönners- teilnehmen durfte, verbrachte er die Nacht in einer liebevoll eingerichteten Kerkerzelle, nachdem sich der geil gewordene Kroiphem in seinen Harem zurückzog.
Am Morgen von einem freundlichen Kerkermeister per Fußtritt geweckt, eilte er in freundlicher Begleitung einer Ehrengarde zur Anlegestelle seines Schiffes. Dort angekommen, fand er den Archeron ablege bereit vor und Pharnabessos damit beschäftigt, seine Soldaten in einem für ihn unverständlichen, obskuren lydonischen Dialekt zu instruieren. Der Kapitän nutzte denn auch die Gelegenheit, die fünf verbliebenen Mitglieder seiner Mannschaft achtern über die aktuellen Entwicklungen zu informieren.
An dieser Stelle sollte der geneigte Leser vielleicht einige Infos über die verbliebenen Gefährten des gebeutelten Nauarchen erfahren. Da war zunächst Ephialtes, Steuermann und an seemännischer Erfahrung dem Kapitän ebenbürtig. Als Steuermann jedoch füllte Ephialtes eher die Funktion eines ersten Offiziers aus, da er nicht selbst das Schiff steuerte, sondern den Männern an den beiden Rudern am Heck Anweisungen gab. Die in diesem Fall Archelaos und Nikias waren, die diesen Job perfekt beherrschten. Dann blieben noch Achillas und Harmodios, die beiden Hopliten der Besatzung. Natürlich eignen sich für Piratenüberfälle auf See Schwerbewaffnete nicht ganz so gut, sondern eher Bogenschützen und leicht Gewappnete, aber für Überfälle an Land konnten ein paar ‚Tanks‘ -andere Rollenspieler werden mich verstehen- nicht schaden. Auch bestand die lydonische Truppe nur aus Bogenschützen - deren Waffen vermochten den Bronzepanzer eines Hopliten nicht zu durchdringen- und

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Sollte eigentlich ne Kurzgeschichte werden, aber Inspiration und die Götter haben anderes beschlossen.
Allen einen schönen Pfingstmontag und bleibt gesund!
LG
JU

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