Beyond the veil: Das Auge des Milikles - Page 9

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Die beiden anderen Geschosse fanden ihr Ziel und erledigten eine entsprechende Anzahl Bogenschützen. Drei weitere Schützenleichen weiter, hatte der Gerettete -sein Wohltäter bedauerte es allerdings schon- inzwischen seine Fassung wiedergewonnen.
„Itler, baky ýaşamak isleýärsiňizmi? Naýzalar, hüjüm ediň!“
Weniger durch Tapferkeit als durch sklavischen Gehorsam motiviert stürmten die lydonischen Speerträger gegen das Monstrum an, während ihr heldenhafter Offizier durch muntere Anfeuerungsrufe ihren Angriff aus der Etappe koordinierte.
„Wollt ihr feigen Danaerhunde nicht kämpfen?“
Während Alkastos den heroischen Kriegsknechtetreiber nur kalt ansah, drückte Harmodios Miene grenzenlose Verachtung aus.
„Endlich ein würdiger Gegner! Also Alkastos, wie gehen wir vor?“
„Von den Flanken. Du und Achillas übernehmt den linken Kopf, ich versuche mein Glück mit dem Rechten. Mögen uns die Götter beistehen! Los!“
Schnell, aber nicht überhastet näherte sich das kriegerische Liebespaar und der kämpferische Kapitän ihren Zielen. Derweil hatten die lydonischen Angreifer schon einige Verluste, durch Säure, kräftige Tentakelschläge und Schlangenbisse erlitten sorgten aber noch für Ablenkung. Wie schon ihre Vorgänger bemerkten die Danaer, dass ihre Speerstöße eine ähnliche Wirkung zeitigten wir der vorhergehende Pfeilbeschuss. Während Achillas und Alkastos wie die verzweifelten, lydonischen Kriegsknechte weiter mit ihren Speeren nach einer eventuellen Schwachstelle suchten, entschied sich Harmodios für eine andere Taktik, seinen Speer fallen lassend, griff er zu seinem Schwert und attackierte den Hals seines Schlangenkopfes.
„Achillas, Xiphos!“
Der vernahm die Stimme des Geliebten und begriff sofort. In geschicktem Duett, in seiner Grazie einem kriegerischen Tanz gleich, gelang es den beiden Hopliten den linken Kopf des Untiers vom Halse zu trennen. Aber ihr Triumph blieb nicht von langer Dauer, denn kaum abgetrennt, wuchs in Sekundenschnelle der Bestie ein neues Haupt. Ein Augenblick der Unachtsamkeit reichte, dass Achillas ein Tentakelhieb förmlich durch den Hauptraum schleuderte und dieser erst durch eine Außensäule aufgehalten wurde. Entsetzt schrie Harmodios auf, ließ sein Schwert fallen und verließ den Kampf, um nach dem Geliebten zu sehen.
Inzwischen kam Alkastos an der rechten Flanke nicht so recht voran. Zwar konnte er den Angriffen seines Kopfes nebst Tentakeln recht gut ausweichen, aber er fand zum Verrecken nicht die verwundbare Stelle des Mistviehs. Schließlich ließ auch ihn seine ‚Intuition‘ für einen Augenblick im Stich und er machte ebenfalls Bekanntschaft mit einem Tentakel, dessen Hieb ihn aber weniger kräftig traf wie Achillas und ihn ‚nur‘ in den Raum schleuderte. Noch benommen bemerkte der unfreiwillige Flugschüler, dass er beim Aufprall seine Lanze verloren hatte, aber das Dory direkt neben ihm lag. Leicht schwindelbehaftet griff er nach der Waffe, bekam aber die rasiermesserscharfe Spitze zu fassen und besudelte diese mit seinem Blut.
Achillas lag in den letzten Zügen in den Armen des Geliebten.
„Wir sehen uns im Hades wieder!“
Mit Tränen unendlichen Schmerzes betrachtete Harmodios das Gesicht seines Gefährten.
„Du wirst nicht lange warten müssen, mein Liebling!“
Mit einem zärtlichen Kuss nahm Harmodios den letzten Atem der Liebe seines Lebens in sich auf und schritt danach entschlossen seinem Schicksal entgegen.
Inzwischen hatte die Bestie unter den lydonischen Kriegsknechten schrecklich aufgeräumt und der Kampf neigte sich seinem bitteren Ende zu. Alkastos ging es zwar mittlerweile besser, aber es gelüstete ihn wenig danach, in einem sinnlosen Kampf gegen eine Bestie des Abyss zu sterben, sodass er eigentlich beabsichtigte, sich vom Boden zu erheben und sich eiligst zurückzuziehen, als er den waffenlosen Harmodios eintreten sah und sich seine ‚Intuition‘ wieder meldete.
„Harmodios, mein Dory!“
Der blickte sich um und fing geschickt die Lanze auf, die ihm sein Nauarch zuwarf.
Mit dem wilden Schrei einer verlorenen Seele aus den Tiefen des Tartaros stürzte sich Harmodios mit letaler Grazie auf das Ungeheuer und wich, wie vom Kriegsgott persönlich geführt, mit unglaublicher Geschicklichkeit allen Abwehrversuchen aus. Mit einem gewaltigen Stoß rammte die inkarnierte Tisiphone die Lanze des Alkastos tief in den Leib der Kreatur, die unspektakulär und fast sofort verschied, ihren Mörder mit in das Reich der Schatten nehmend. Die Bestie und Harmodios, der das Dory noch fest umklammert hielt, erstarrten in wenigen Sekunden zu Stein.
Weder der tapfere Lydonenführer, der wie Alkastos kurz vor einer Absetzbewegung stand, noch der Nauarch trauten ihren Augen. Außer ihnen waren je drei Bogenschützen und Speerträger unverletzt oder hatten nur leichte Wunden. Alle anderen befanden sich in der Unterwelt oder klopften an deren Pforte.
„Was immer er auch sonst gewesen sein mag, er war schon ein gewaltiger Krieger!“
Entgegen seiner sonstigen ausgesuchten Geringschätzigkeiten in Stimmlage und Konversation, drückte Pharnabessos fast so etwas wie Hochachtung aus.
„Er hat ehrenhaft gelebt und ist eines Gottes würdig gestorben. Seinesgleichen werden wir auf Erden nicht mehr sehen!“
Obwohl dem lydonischen Anführer ein höhnischer Kommentar auf der Zunge lag, verzichtete er darauf, ihn zu äußern, denn tief in seinem jämmerlichen Inneren wusste er, dass der Danaer recht hatte und er es eigentlich nicht verdiente, dem Toten auch nur die Füße zu küssen.
„Biderekleri öldür!“
Entsetzt bemerkte Alkastos wie die noch kampffähigen Kriegsknechte anfingen, die Schwerverletzten zu töten.
„Seid Ihr verrückt oder eine unmenschliche Bestie, Lydone?“
„Hütet Eure Zunge, Alkastos! Ihr habt mir zwar das Leben gerettet, aber meine Großmut kennt Grenzen. Die Männer sind nutzlos und würden uns nur aufhalten! Außerdem sterben sie gerne für ihren geliebten Führer!“
Vielleicht waren die Lydonen ja wirklich so gestört wie jene sagenhaften Teutonen. Der Nauarch beschloss ausdruckslose Miene zum abscheulichen Spiel zu machen.

*

„Ikiňiz, giriň!“
Das dreckige Werk war getan und nun machten sich zwei Mitglieder der knechtischen Mördertruppe daran, auf Geheiß ihres Herrn die Apsis zu betreten. Nach der jüngsten Überraschung hielt es Pharnabessos für opportuner zwei seiner entbehrlich getreuen Kriegsknechte gegebenenfalls zu opfern, als sich selber in weitere Gefahr zu bringen.
Als nach kurzer Zeit laute Begeisterungsrufe aus dem Raum zu vernehmen waren, folgte Alkastos, der bisher mit angeekelter Miene abgewartet hatte, kurzerhand den beiden nach. Als er die Apsis betrat, verschlug es ihm förmlich den Atem. Lautstark bewundert betrachteten die beiden Kriegsknechte einen kopfgroßen Rubin, der sich auf einem stabilen, bronzenen Dreifuß befand. Zumindest der Teil der Legende schien zu stimmen. Intuitiv und fast gegen seinen Willen trat Alkastos an den rot strahlenden Edelstein heran und legte seine Hand auf ihn.
„Sage mir, wie werde ich sterben?“
„Nachfahre des Enki, Du wirst in der Mitte Deines Lebens sterben - auf dem Höhepunkt Deiner Kraft!“
Als die Frauenstimme in seinem Kopf übermächtig erklang, zog Alkastos voller Schrecken seine Hand fort.
„Alkastos, was ist Euch denn in die Glieder

Sollte eigentlich ne Kurzgeschichte werden, aber Inspiration und die Götter haben anderes beschlossen.
Allen einen schönen Pfingstmontag und bleibt gesund!
LG
JU

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