Beyond the veil: Das Auge des Milikles - Page 8

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Stamme der Teutonen irgendwo im ungastlichen Norden, die in dieser Beziehung die Lydonen wohl noch übertrafen.
„Ihr habt Euch unmissverständlich ausgedrückt, Hauptmann. Ihr könnt Euren Knechten normales Tempo befehlen, wir sind jetzt weit genug draußen.“
„Adaty hatar! Maňa aýdym aýdyň: Kroiphem biziň ýolbeletimizdir!“
Lautstark begann die Mannschaft rhythmisch zum Ruderschlag die Königshymne an zu grölen.
„Die sollen die Schnauze halten und sich an Harmodios Flöte orientieren. Harmodios blase mit normalem Tempo!“
Grinsend übersetzte Pharnabessos die Anweisung.

*

Nach zwei Tagen windstillen Tagen begab sich der Archeron auf Ostkurs, um nach einen Tag von einer mäßigen Brise unterstützt zu werden, die das Segeln erlaubte. Es war der Mittag des vierten Tages nach jener denkwürdigen Nacht, als sie die ersten Seevögel erblickten und kurze Zeit später Land ausmachten.
„Das kann unmöglich die pontische Küste sein, das sieht aus wie…“
Der begeisterte Schrei des offizierlichen Jubel-Lydonen unterbrach die Worte des Nauarchen jäh.
„Bei den Götter Danaer, Du hast die Insel gefunden! Siehst Du diese Felsen, die wie zwei, sich einander anblickende Totenköpfe aussehen? Dahinter befindet sich ein Sandstrand auf dem wir bequem landen können. Einige hundert Meter weiter in nördlicher Richtung treffen wir dann auf die ‚Straße der Toten‘, die uns zu dem Tempel führt, in dem sich das Auge befindet. Du bist wahrlich vom Meeresgott gesegnet Nauarch!“
Nicht gänzlich überzeugt ließ Alkastos anlanden und das Schiff auf den Strand ziehen. Dies Vorgang war kaum abgeschlossen, als der oberste Schatzjäger lydonischer Nation schon die Initiative ergriff.
„Diňläň, itler. Naýzaçylar we sekiz okçy meniň bilen gelýär. Deňizçiler gämi bilen Danae deňiz alakalary bilen galýarlar. Kapitan, söweş hudaýy we söýgülisi hem gelýär.“
Arrogant lächelnd wandte Pharnabessos sich den in einer Gruppe zusammenstehenden Danaern zu, während sich 20 seiner Speerträger und 8 Bogenschützen zu einer Kolonne formierten.
„Wir brechen sofort auf! Nauarch, Du und Deine Krieger kommen mit mir. Der Steuermann und die Rudergänger bleiben mit den Seeleuten beim Schiff.“
Leicht herablassend blickte der Kapitän den vor Eifer förmlich brennenden Offizier an.
„Gemach, ich glaube nicht, dass das Auge uns innerhalb weniger Stunden durch die Lappen geht. Ich und meine Leute müssen erst unsere Rüstungen anlegen. Außerdem sollten wir nicht übereilt handeln und zunächst Späher aussenden. Wer weiß, welche Gefahren hier noch auf uns lauern.“
Widerwillig nickte der oberkriegsknechtische Lydone.
„Also gut, dann modelt euch mal, aber beeilt euch. Späher sind unnötig. Glaube mir, Danaer, außer einigen Seevögeln ist die Insel tot. Wie es geschrieben steht, hat Milikles in seiner tödlichen Großmut dafür gesorgt. Du wirst schon bald die ehemaligen Einwohner kennen lernen. Wir haben es einzig im Tempel mit einem nicht näher beschriebenen Wächter zu tun, aber der dürfte für die Macht der lydonischen Waffen kein Problem sein.“
So warfen sich nun die Danaer in Schale, die bei Achillas und Harmodios aus der klassischen Hoplitenrüstung bestand, wobei letzterer auf einen Helm verzichtete. Neben dem Hoplon (Schild) waren beide je mit einer Stoßlanze (Dory) und mit einem beidseitig geschärften Kurzschwert (Xiphos) als Sekundärwaffe. Alkastos verzichtete ebenfalls auf einen Kopfschutz und war zu seinem Schutz mit einem Lamellenpanzer ohne Beinschienen ausgerüstet. Diese Art der Panzerung bot dem Kapitän insoweit den Vorteil, dass er durch das geringere Gewicht der aus Stoff, Metallplättchen und Leder angefertigten Rüstung weitaus beweglicher war, als seine Kameraden in ihren Bronzeharnischen. Ebenfalls mit einem Dory ausgerüstet jedoch ohne Schild, führte er jedoch lediglich einen Dolch als Zweitwaffe mit sich.
„Schick seht ihr Danaer schon aus, dafür dürft ihr auch in der ersten Reihe uns voranschreiten!“
Mit einer elegant einladenden Geste unterstrich der noble Pharnabessos seine Order.
„Danaý itleri, soň naýzaçylar, arkasynda ýaýçy alyp barýarlar! Demirgazyk! Und vorwärts, nach Norden!“
Wie angeordnet setzten sich die Danaer, gefolgt von Speerträgern und Bogenschützen in Bewegung. Der lydonische Kommandant begab sich in eine eher beobachtende Position in der ersten Reihe seine speerbewehrten Kriegsknechte in der Gewissheit, falls es doch noch unangenehme Überraschungen gab, dass diese die treu entbehrlichen ‚Verbündeten‘ diese zuerst abbekommen würden. Einige Minuten später erreichten sie die ‚Straße der Toten‘, die sich förmlich als ‚Highway to Hell‘ darstellte.
Wie bereits von Pharnabessos dezent angedeutet, bestand diese aus den kunstvoll verarbeiteten Knochen der ehemaligen Bewohner der Insel, die einst eine stattliche, menschliche Bevölkerung beherbergt haben musste. Nach einiger Zeit stießen sie auf die verfallenen Überreste einer größeren Stadt, deren Ruinen den Pfad des Schreckens säumten. Schließlich erblickte die Gruppe einen sich wohl im Zentrum der Stadt befindlichen, säulenumrahmten Tempel, an dessen Fuße der schreckliche Weg endete. Als sie nun das sakrale Gebäude betraten, hielt die Kolonne auf ein Zeichen des Nauarchen an und Pharnabessos brach in spöttisch schallendes Gelächter aus.
„Vermutlich hat sich der gute Milikles gedacht, die Hässlichkeit dieses Gebildes würde jeden Eindringling abschrecken. Was ist mit euch los Danaerlein? Ihr wollt doch nicht etwa schreiend davonlaufen?“
In einem großen Hauptraum befand sich vor der Apsis, die wohl das Objekt der Begierde beherbergen musste, eine seltsame Statue von gewaltigem Ausmaß. Einem runden, gliedlosen Korpus entwuchsen drei Hälse mit Schlangenköpfen, umrahmt von je vier, weniger großen Tentakeln. In seiner kunstvollen Abscheulichkeit strahlte das ganze Ensemble eine gewisse Schönheit aus.
„Wartet Hauptmann, ich habe hier ein ganz seltsames Gefühl! Lasst doch eure Bogenschützen einige Pfeile auf das Teil abschießen!“
Der lydonische Offizier, inzwischen neben Alkastos stehend, nickte angesichts seiner bisherigen Erfahrungen mit den Vorahnungen des Danaers zustimmend.
„Okçular öňe. Şol nejis haýwanyň üstünde woleý.“
Gehorsam traten die Bogenschützen vor und schossen eine Salve, die jedoch abprallte, auf die Statue. Bevor der enttäuschte Kommandeur zu einer höhnischen Bemerkung ansetzen konnte, machten ihn die nun folgenden Ereignisse kurzzeitig vor Entsetzen sprachlos. Mit der so leblos aussehenden Statue ging in Windeseile eine grauenvolle Metamorphose vor sich. Um es kurz zu sagen: Aus Stein wurde geschupptes Fleisch.
„Taňrylaryň hatyrasyna. Haýwany at!“
So schnell wie ihr Kommandeur die Sprache wiedergefunden hatte, fingen auch die Schützen an, ihre Pfeile von den Bögen abzuschießen. Die richteten jedoch wenig Schaden, da sie entweder von den Schuppen abprallten oder beim Eindringen vom Fleisch abgestoßen wurden, wobei sich die Wunde sofort wieder schloss. Nach kurzer Zeit jedoch erfolgte der Gegenangriff in unerwarteter Form. Wieder warnte Alkastos die ‚Intuition‘, sodass er den neben ihm stehenden Pharnabessos zur Seite stieß und sich zu Boden fallen ließ, sodass der von einem Schlangenkopf Säureklumpen einem hinter dem lydonischen Kommandeur stehenden Kriegsknecht den Garaus machte.

Sollte eigentlich ne Kurzgeschichte werden, aber Inspiration und die Götter haben anderes beschlossen.
Allen einen schönen Pfingstmontag und bleibt gesund!
LG
JU

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