Seiten
zwischen 15 und Anfang Zwanzig. Wir gingen häufig ins Justus, weil sich der Kneipenbesitzer einen Dreck um das Alter seiner Kunden scherte.
Ich bestellte ein Pils und der Abend ging gut voran. Es wurde einiges getrunken und ein paar derbe Geschichten und Witze erzählt. Ein Abend wie jeder andere, nur mit dem einzigen Unterschied, dass ich die ganze Zeit ein unfassbares Redebedürfnis hatte.
Als ich auf Toilette war, wollte ich herausfinden, was Pascal mir überhaupt gegeben hatte. Das kleine, metallene Ding war konisch geformt und man konnte es aufschrauben. Im Inneren sah ich etwas Weißes. Er hatte mir tatsächlich noch ein bisschen Speed mitgegeben.
Ungeschickt kippte ich ein bisschen auf meine Hand und zog es so weg, dass die Hälfte auf den Boden fiel und sich mit der Pisse und dem Bier auf den Fliesen vermischte.
Als sich mein Herzschlag daraufhin noch einmal beschleunigte, ging ich lächelnd hinaus. Alles war so verdammt klar, auch wenn ich Alkohol trank. Es war ein seltsames aber unglaubliches Gefühl.
„Ich geh eine rauchen“, sagte David irgendwann, stand auf und ich, zwei Mädchen und noch zwei Kerle folgten ihm nach draußen. Es tat gut Rauch zu inhalieren. Ich hatte immer noch Lust, irgendetwas zu unternehmen, irgendetwas körperlich anstrengendes zu machen.
Mir fielen die Mädchen ins Auge, das eine mit blonden, das andere mit braunen Haaren, die fast denselben Farbton hatten wie meine. Die Blonde wirkte irgendwie total verschüchtert; was mich etwas irritierte.
Das andere, braunhaarige Mädchen rauchte Blue Lady Zigaretten, eine leichte Marke und stand abseits. Ich bemerkte erst nach ein paar Sekunden, wie ich sie anstarrte, aber sie hatte es anscheinend glücklicherweise nicht mitbekommen. Fettie und die anderen gingen nach ihrer Zigarette recht schnell rein, aber das Mädchen rauchte langsam, ich ebenfalls – vielleicht auch mit Absicht.
Ich stellte mich zu ihr. „Mit wem bist mitgekommen? Hab dich in der Gruppe bisher noch nicht gesehen.“ „David hat mich eingeladen, kenn ihn aus der Schule.“ „Ach, du gehst auch auf das Gero-Mischam-Gymnasium?“ „Jap.“ „Ich bin Michi“, sagte ich. „Laura“, erwiderte sie lächelnd.
Wir fingen an zu reden und lachten einige Male zusammen, während wir noch weitere Zigaretten rauchten. „Irgendwie hab ich Lust was zu machen“, sagte ich; das Speed sprach aus mir. „Lass uns ins Kino gehen“, sagte sie. „Wie meinst du?“
Es gab nur ein Kino in der Stadt, welches mittlerweile geschlossen hatte. Der sogenannte „Unelma Lux – Filmpalast“ war schon immer eine Bruchbude gewesen – auch als es noch geöffnet hatte.
Es gab das Gerücht, dass man, wenn man zu lange drin saß, irgendwann Aids kriegen würde.
Vor fünf Jahren hatte es dann schließen müssen und war seit dem der Schandfleck der ganzen Stadt.
„Lass uns reingehen, sieh's als Abenteuer.“ „Du meinst echt wir sollen da einfach rein?“ „Ja. Komm schon.“
Mir war mulmig bei dem Gedanken, aber in meinem Kopf malte ich mir schon aus wie wir in einem guten Dutzend Stellungen fickten, allein weil sie auch nur ein minimales Interesse an mir zu haben schien.
„Sollen wir den anderen Bescheid sagen?“
„Die vermissen uns schon nicht“, sagte sie und wir liefen zum Kino.
Das „Unelma“ war nur ein paar Straßen entfernt. Wir liefen auf der Hauptstraße, quetschten uns zwischen den Leuten hindurch und ich hatte immer noch das Gefühl, alles intensiver wahrzunehmen. Dann bogen wir in eine Seitenstraße, wo das große Kino stand, ein graues Gebäude; der Anstrich war schmutzig.
Die Plakate von früher waren immer noch nicht abgehängt worden und ich erinnerte mich, als ich eines davon genauer betrachtete, wie ich damals in den Film „Einfaches Jägerhandwerk“ gegangen war – hatte mich irgendwie dort reingeschmuggelt. Auch andere Filme wie „Der Fuchsbau im Kartoffelfeld“ oder „SCP Return: Der Würfel“, eine Neuverfilmung, hatte ich damals gesehen. Ich ging zu der Zeit häufig ins Kino.
„Wie sollen wir da reinkommen?“, fragte ich Laura. „Der Haupteingang ist sicher zu.“
„Komm mit“, meinte sie und zog mich zum Nebeneingang, der etwas abseits lag. „Abgeschlossen“, sagte ich nachdem ich etwas an der gläsernen Tür gerüttelt hatte. „Tritt gegen das Glas, dann kommen wir rein.“
„Du meinst..“ „Komm schon.“ Irgendetwas in ihrer Stimme brachte mich dazu, das zu tun, was sie sagte. Ich war fünfzehn. Wie gesagt. Ein fünfzehnjähriger Dummkopf.
Nach einem gezielten Tritt zersplitterte das Glas und wir wichen zurück, aber glücklicherweise wurden wir von keiner Scherbe getroffen.
Geduckt traten wir durch die Öffnung und befanden uns am Fuße einer Treppe, die nach oben in den größten der Kinosäle führte. Die Treppe war mit einer Art Teppich überzogen, der überall Flecken aufwies und teilweise lag sogar noch vergammeltes Popcorn herum.
An der Seite hingen wieder Plakate von alten Filmen; „Psychosis“, „NoEndHouse“ oder „Penpal“.
Wir stiegen nach oben zu einer Doppeltür mit billigen, abgewetzten Messinggriffen, hinter der sich das Innere des Kinosaals befand. Spielerisch hielt ich ihr die Tür auf, eine eher witzig, als wirklich ernst gemeinte Geste. Sie huschte durch die Tür und ich musterte ihre Rückseite – etwas zu lange, denn sie schien meinen Blick zu bemerken/bemerkt zu haben??, grinste aber nur.
Mein Gesicht fühlte sich heiß an und ich war froh, dass sie sich direkt wieder abgewandt hatte. Mein Puls war sowieso schon durch das Pep und das Gras erhöht, aber die Bilder in meinem Kopf trieben ihn noch weiter in die Höhe.
Der Kinosaal war groß und die Lampen an der Seite leuchteten immer noch, was mich etwas verwirrte. Die Luft roch modrig und abgestanden. Keine zwei Schritte neben mir war ein großer Fleck auf dem Boden und aus irgendeinem Grund musste ich an eine geplatzte Fruchtblase denken.
Ich drehte mir eine Zigarette und ließ meinen Blick dabei über den zwar fleckigen, aber immer noch imposanten Vorhang gleiten. „Was nun?“, fragte ich, nachdem ich meine Zigarette angezündet hatte. „Wie wäre es mit einer kleinen Privatvorstellung?“ Ich war mir im ersten Moment nicht ganz sicher was sie meinte und wartete einfach ab. „Ein Film, nur für uns zwei?“ „Ach so klar, natürlich“, sagte ich schief lächelnd und zog noch einmal an meiner Zigarette. „Ich glaube da drüben ist der Projektor. Ich bin gleich wieder da“, sagte sie. „Mach's dir schon mal bequem.“
Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass ich heute tatsächlich eine Chance haben könnte. Ich ließ mich in einen