AU 2008 05 Sugarloaf Mountain - Page 3

Bild von Willi Grigor
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kommen und mit uns die erwähnte Off-Road-Tour mit ihrem Geländewagen machen. Wir nahmen dankend an. Ich nahm die Gelegenheit beim Schopf und fragte nach dem Kabel. Sie half mir beim Finden und damit begann meine Freundschaft mit dieser vom Herd unabhängigen Pfanne.

Wir aßen natürlich auf der Terrasse. Es war sehr dunkel und etwas kühl, da wir uns ca. 500 m über dem Meeresspiegel befanden. Als Beleuchtung nahmen wir nur eine Kerze, damit der Blick auf den phantastischen Sternenhimmel nicht beeinträchtigt wurde. Wir befanden uns in einer fast andächtigen Stimmung. Es war wunderbar.

Am nächsten Tag wachten wir erst gegen 10 Uhr auf und verbrachten den Tag ohne viel zu tun. Ein ausgedehnter Spaziergang war aber drin. Wir sahen einen Adler, der direkt über uns schwebte. Als wir zurückkamen legte ich den Wasserschlauch zurecht. Es war bisher sehr trocken gewesen. Jeanette hat uns gebeten, die Blumen (sie hatte zwei große Beete mit weißen Rosen) und die kleineren Büsche zu gießen. Es gab hier ein tiefes Bohrloch, das genügend Wasser lieferte. Sonst wäre ein saftiger Rasen und Blumenbeete rund um das Haus in dieser Gegend gar nicht möglich. Das knappe Regenwasser wird nur als Trinkwasser gespeichert. Das Bohrwasser ist aufgrund verschiedener Mineralien nicht als Trinkwasser geeignet.

Off-Road-Tour mit Jeanette und Greg
Jeanette und Greg kamen wie angekündigt am nächsten Morgen mit ihrem Geländewagen. Wir machten eine lange Tagestour. Diese wurde ein weiteres, tolles Erlebnis in diesen erlebnisreichen drei Monaten in Australien 2008.
Greg begann mit einer Rundtour auf “unserer” Farm. Sie war größer als es uns beim Spazierengehen vorkam. Viel Land hinter dem Zaun, der um den Berg verlief, gehörte noch dazu. Hier durften die Kühe nicht hin, das Gras war hoch und sollte als Heu verfüttert werden. Das Durchfahren dieses Geländes war spannend aber kein Problem, da es ziemlich steinarm war. Jeanette und Greg zeigten uns auch ein interessantes, altes Gebäude und erklärte uns die Geräte, die früher bei der Schafhaltung und zum Scheren der Wolle benutzt wurden.

Der nächste Anhalt war bei Susan, der schönen Winzerin. Jeanette blieb bei ihr und wir fuhren ein Stück weiter durch Gras- und Buschlandschaft. Susans Eltern sind hier die Grundbesitzer, wir sprachen kurz mit ihrem Vater, der in der Hitze mit dem Anstreichen des Hauses beschäftigt war. Außer Susans Weinanbau wird das Land nicht genutzt. Greg hat hier eine weitere Rinderherde und kontrollierte schnell, dass alles in Ordnung war. Dann fuhren wir in den immer dichter werdenden Busch, es war wirklich unwirtlich. Greg sagte, es gebe hier zwei Adlerneste, die er uns zeigen wollte. Es war spannend, mit einem Auto durch das weglose Gelände zu holpern, das hier nicht so eben war wie auf unserer Farm.

Hier standen jede Menge Kaktusbäume mit roten, stacheligen Früchten, die Greg “Pickle Pears” nannte, und die essbar sind. Es war keine heimische australische Pflanze. Sie wurde wie tausende andere von Einwanderern eingeführt und hat sich hier wie Unkraut verbreitet. Als wir anhielten, um das letzte Stück zu den Adlernestern zu gehen, pflückte Greg mit Hilfe seines Hutes (“zum Schutz gegen anhaftendes Kleingetier”) eine Frucht, und zerteilte sie mit dem Messer. Das Fruchtfleisch war rot, saftig und hatte viele kleine Kerne. Es erinnerte an Passionsfrucht, der Geschmack war aber weniger ausgeprägt.
Vor dem Weitergehen schnitt Greg sich einen Stock zurecht. Mit diesem machte er den Weg frei von den vielen Spinnennetzen, die überall hingen. Die dazugehörigen Spinnen waren Riesenexemplare, sollen aber ungiftig sein. Aber die Anzahl reichte, dass sie uns unsympatisch waren. Schließlich sahen wir dann ein Adlernest in einer Baumkrone und nicht weit davon entfernt ein zweites und tatsächlich auch einen Adler in der Luft.

Das war vielleicht der gleiche, den wir gestern über unserem Berg gesehen hatten. Ich dachte an den entusiastischen Fremdenführer von Melbourne, der bei der Fahrt auf der Great-Ocean-Road Umwege gefahren ist, um uns Adler zu zeigen.
Wir waren alle drei zufrieden, gingen zum Auto und fuhren zurück zu Susans Weingasthaus. Jeanette wartete schon auf uns. Die Zeit läuft und wir hatten die Tour kaum begonnen.

Jetzt sollte es weitergehen zu Jeanettes und Gregs zweiter Farm, 40 km entfernt. Diese war noch größer, über 200 Hektar. Sie bekamen das Angebot, diese zu kaufen und schlugen zu. Dort haben sie eine größere Rinderherde und auch einige Pferde. Wir fragten nach den Gründen. Beide stammen aus Farmerfamilien und der Drang zu offener Weite liegt ihnen im Blut, sagten sie. Sie näherten sich dem Pensionsalter, haben ihr Geschäft in Toowoomba verkauft und wollen sich mehr ihrem Hobby, den Rindern beschäftigen. Am Rande von Toowoomba haben sie ihr Wohnhaus auf einem Grundstück von ca. 20000 m2, wo sie einige Kleintiere halten. Dies alles schien für uns ein ziemlich arbeitsintensives Hobby zu sein. Das Ehepaar strahlte aber eine spürbare Zufriedenheit aus.

Wir fuhren den uns bekannten Weg Richtung Oakey. Nach einigen Kilometern bogen wir links ab und uns wurde gesagt, dass es hier Koalas gibt. Hier wächst der spezielle Eukalyptusbaum, deren Blätter sie fressen. Und tatsächlich, bald sahen wir eins der drolligen Tiere in einer Astgabel sitzen. Wir haben sie jetzt an verschiedenen Stellen gesehen, aber es ist immer wieder ein schönes Erlebnis.

Nach einer halben Stunde Fahrt wurde es bergiger und wir näherten uns dem Ziel. Greg bog ab vom Sandweg, auf dem wir fuhren und hielt vor einem kleinen Haus. Was uns ins Auge fiel, war ein relativ großes Boot in einem Wasserloch, das kaum größer als das Boot war. Hier wohnte ein junges Paar mit sechs Kindern. Nur die Frau, sie hieß Samantha, und zwei Kinder waren zu Hause. Es waren die nächsten Nachbarn, direkt an der Grenze zu ihrem Grundbesitz. Jeanette erzählte später, dass es nette Leute sind, denen es nicht so gut geht. Der Mann ist Bauarbeiter aber durch einen Unfall nur bedingt arbeitsfähig. Das Haus mieten sie günstig vom dortigen Grundbesitzer. Sie haben aber keinen Vertrag und können jederzeit gekündigt werden. Die soziale Absicherung ist hier nicht ganz so gut wie bei uns. Jeanette und Greg sind freundliche Leute und halten immer hier kurz an wenn sie vorbeikommen. Das Boot ist wichtig für den Mann, erfuhren wir. In ihm sitzt er oft und träumt

© Willi Grigor, 2009 (Rev. 2017)

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Kommentare

15. Jul 2017

Ich lese das heute Abend, Willi. Habe jetzt nicht die Zeit dafür; aber ich weiß jetzt schon, dass deine Story lesenswert ist.

Liebe Grüße,
Annelie

15. Jul 2017

Ich will es dir gerne glauben.
Auch dir ein schönes Wochenende.

Herzliche Grüße
Willi

15. Jul 2017

Ich habe deinen Erlebnisbericht eben gelesen, Willi, jedes Wort, und er hat mir sehr gut gefallen. Das könnte ich mir auch gut vorstellen: Mit vielen Tieren auf einer Farm zu leben, jeden Abend in den Sternenhimmel zu gucken - und darüber zu schreiben. Aber ich weiß auch, dass ein solches Leben mit sehr viel Arbeit verbunden ist.

Liebe Grüße und ein wunderbares Wochenende
zu dir und deiner Frau nach Schweden,
Annelie

15. Jul 2017

Liebe Annelie,

mir hat alles, was wir in Australien in insgesamt einem Jahr erlebt haben, außerordentlich gefallen. Ich habe diesem Land einiges zu verdanken, u. a. hat es mich zum Schreiben gebracht. Deshalb freut es mich ebenso außerordentlich, das das was ich schreibe, doch einigen Lesern gefällt.

Ich sende deine Grüße gern an dich und den deinen zurück

Willi

15. Jul 2017

Ja, ich hab es grad gelesen:
Und es ist lesenswert gewesen!

LG Axel

15. Jul 2017

Danke Axel, dass du die Geschichte lesen wolltest und mit einem deiner lesenswerten Zweiteiler weiterempfiehlst.

Ich wünsche dir ein liebenswertes Wochenende

Willi

15. Jul 2017

Spannend, Willi. Da mir dieser Kontinent leider unbekannt ist, folge ich neugierig deinen Spuren und reise ein wenig mit. Danke dafür.

Liebe Grüße - Marie

15. Jul 2017

Ich freue mich sehr auf deine Begleitung, Marie. Es stehen noch einige Stationen aus.

Herzliche Grüße
Willi

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