Haiku ✓ Gedichte, Erklärung und Aufbau von Haikus

Frosch Getsuju Haiku Dichtung

Im 17. und 18. Jahrhundert wurde das Haiku begrenzenden inhaltlichen Regeln unterworfen und es bahnten sich, ähnlich wie beim Renga im 12./13. Jahrhundert, auch in der Haiku-Dichtung zwei Richtungen an.
Während die traditionelle Tendenz der literarisch anspruchsvolleren Bashō-Schule sich mehr den jahreszeitlich-naturgebundenen, transzendenten Inhalten widmete und durch sprachliche Ausdruckskunst und inhaltliche Perfektion den sinnreichen Haikustil anstrebte, lag anderen Dichtern daran, dem Humor, der schlichten, volkstümlichen Aussage, einen Weg offen zu halten.
Die aus diesem Bestreben erwachsene Gattung ist heute unter dem Namen Senryū bekannt.

empfohlene Haiku
von Margret Buerschaper
von Margret Buerschaper
von Margret Buerschaper
neue Haiku
von Soléa P.
von Monika Laakes
von Jürgen Wagner
die schönsten Haiku
von Marie Mehrfeld
von Volker Harmgardt
von Volker Harmgardt
Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

Der Wind pfeift leise
Mit der Stimme eines Vogels
Nach…

Haiku
von Annelie Kelch
Bibliothek

Weihnachtsfieber –
Der Kirchenchor probt noch ...
Das…

Haiku
von Ekkehard Walter
Bibliothek

Novemberstimmung
Morgens dunkel, abends auch
Es…

Haiku
von Angélique Duvier
Bibliothek

Ist der Himmel grau,
trägst du das Licht im Herzen
und…

Haiku
von Margret Buerschaper
Bibliothek

Aber die Meisen!
Eisiger Ost schreckt sie nicht,

Haiku
von I. J. Melodia
Bibliothek

用我的勺在
吃饭从外壳的玉
甜蜜的蜂蜜

Mit meinem Löffel
Aus…

Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

Kinderlachen
an allen Tagen im Jahr
unbeschwert und…

Haiku
von Annelie Kelch
Bibliothek

V e r g i s s m e i n n i c h t -
das Perfekt sehnt sich…

Haiku
von Annelie Kelch
Bibliothek

Klassentreffen –
neben mir: die erste Liebe
zu nah am…

Haiku
von Sigrid Hartmann
Bibliothek

Leuchtende Hagebutten
Nur schwach die Erinnerung
An…

Haiku
von Margret Buerschaper
Bibliothek

Ein Sommerwölkchen
hält die Sonnenuhrzeit an –
... die…

Haiku
von Somos Eleen
Bibliothek

Totes Wurzelwerk
im grünen Moos ein Samen

Haiku
von Marie Mehrfeld
Bibliothek

Krähengeschwader
Flog schreiend über mein Haus.
Es war…

Haiku
von Annelie Kelch
Bibliothek

Frühlingserwachen
im Winter: mein Sommertraum
schon im…

Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

Mit letzter Kraft
Zeigt Natur die schönste Seite
Und…

Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Ein Windhauch schmeichelt,
er flüstert mir zu, leb‘ jetzt.…

Haiku
von Heike Hoffmann
Bibliothek

Blühend das Leben
im Einklang schönster Natur

Haiku
von Angélique Duvier
Bibliothek

Goldene Blätter,
schweben lautlos herunter,
faulen im…

Haiku
von Robert K. Staege
Bibliothek

Nebel und Leben,
beides so undurchsichtig,
so…

Haiku
von Margret Buerschaper
Bibliothek

Das Rotkehlchen schilt:
Eis auf der Vogeltränke!
Wart…

Haiku
von Annelie Kelch
Bibliothek

Weshalb schreist du so
Alter Mond
Ich hab dich längst…

Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Und da wachsen sie,
Pilze auf toten Ästen.
Ihr Garten…

Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

Erstes Morgenrot
Meine Augen strahlen
im…

Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Die Sonne streut Gold
über froststarre Äste.
Ihr…

Haiku
von Pawel Markiewicz
Bibliothek

der Bärlauch im Herbst
ich bräuchte zartes Gefühl
von…

Haiku
von I. J. Melodia
Bibliothek

Tropfen am Fenster
In der Ferne ein Donnern
Blätter…

Haiku
von Daniel Voß
Bibliothek

Vom Vandalismus
kaputt, zerstört, verfallen -
Ausdruck…

Rezitation:
Sprecher: Daniel Voß, 26.06.2018
Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Ideen treffen mich
in der bewegten Stille.
Wandern…

Haiku
von Angélique Duvier
Bibliothek

Bunte Herbstastern
und blühende Dahlien,
schenkt uns…

Haiku
von Rainer Maria Rilke
Bibliothek

Kleine Motten taumeln schaudernd quer aus dem Buchs;
sie…

Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

Blitze und Donner
noch einmal dich spüren
vorm…

Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Oh, Wolkenbilder
faszinieren mich stets neu.
Siehst du…

Haiku
von I. J. Melodia
Bibliothek

云云和雨雨
你把春天卖给我
在月的光线

Wolken und Regen
Du…

Haiku
von Robert K. Staege
Bibliothek

Sonnenschein und Wind,
Hund rennt über weißen Sand,

Haiku
von Annelie Kelch
Bibliothek

Mittwoch ...
bleib
in deiner Mitte -
ruht die…

Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Wispernde Blätter
welch Geheimnis verbergt ihr?
Eine…

Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

Bäume stehen nackt
Kraniche ziehen gen Süden
Vorbei…

Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

Winterwunderland
Es funkelt glitzert und strahlt
In…

Haiku
von Jürgen Wagner
Bibliothek

Die Welt von oben
Die Welt so weit –
Ein and‘rer…

Haiku
von Pawel Markiewicz
Bibliothek

PERLENMEER im Lenz
weiße Möwen tragen Sagen
von dem…

Haiku
von Margret Buerschaper
Bibliothek

Die Sonnenblume:
Zum Halt ist sie geworden
der zarten…

Haiku
von Thomas Brod
Bibliothek

Hojas de oro
ya proyecta su sombra
será muy sombrío…

Haiku
von Margret Buerschaper
Bibliothek

Beißender Märzwind –
doch der Magnolienbaum
spitzt…

Haiku
von Annelie Kelch
Bibliothek

Hat Gott im Kirschbaum
die Nacht mit Luna verbracht?

Haiku
von Peter Stampfer
Bibliothek

tiefe Blicke – heiße Schwüre
gestohlene Herzen

Haiku
von Angelika Zädow
Bibliothek

Über den Schatten
meiner Zweifel spring ich ans
Ufer…

Haiku
von Gregor Stefan Heuwangl
Bibliothek

Die Schönheit des Seins,
ich will sie nochmals schauen,…

Haiku
von Robert K. Staege
Bibliothek

Zwar wohl existent,
doch nicht wirklich lebendig; -

Haiku
von Carl Heinz Kurz
Bibliothek

Symbol unserer Zeit:
Disteln vor dunkler Mauer
im…

Haiku
von Margret Buerschaper
Bibliothek

Der Nachtwind schmeichelt –
sanft erntet er Rosenduft –…

Haiku
von Marie Mehrfeld
Bibliothek

Fahles Sonnenlicht
durchbricht die Wolkendecke,
bald…

Haiku
von Annelie Kelch
Bibliothek

Sonntag -
das Gold
im Fluss der Woche ...

Haiku
von Daniel Voß
Bibliothek

Asphaltader pocht.
Gemüter drängen ihr Blech.
Jeder…

Rezitation:
Sprecher: Daniel Voß, 29.06.2018
Haiku
von Laleah Bach
Bibliothek

Morgendämmerung
schaut mich lang silbergrau an.
Die…

Haiku
von Annelie Kelch
Bibliothek

Im Intercity – ich
mit entgleisten Zügen
in falscher…

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

Pfirsichblütenschnee
Sanft verweht im Daseinshauch

Haiku
von I. J. Melodia
Bibliothek

我采下着迷
第二个梅花自木
在热的黑夜

Gebannt pflücke ich

Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

Goldener Herbsttag
Die Bank am Wegesrand
Frisch…

Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Du grüner Baumfuß
krallst dich tief in die Erde,

Haiku
von Thomas Brod
Bibliothek

(Haiku mit Foto…

Haiku
von Margret Buerschaper
Bibliothek

Flinker Eichkater!
Zieh doch den Winterpelz aus,
wenn…

Haiku
von Peter Stampfer
Bibliothek

der Weg des Geldes
sie folgt ihm Hüften schwingend
ich…

Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Schmetterlingstänzer
im flirrenden Frühlingshain.
Der…

Haiku
von Thomas Brod
Bibliothek

Zarte Kirschblüte
Zauberhaft gefärbt dein Kuss

Haiku
von Ekkehard Walter
Bibliothek

Sonnenuntergang
Der Himmel ist leuchtend rot
Die…

Haiku
von Heiner Brückner
Bibliothek

Den letzten Apfel
reich mir, meine Liebste.
Schnee…

Haiku
von Jan Halbig
Bibliothek

Sich kriechend schlängelnd
Bricht der Spross nasse Erde.…

Haiku
von Ekkehard Walter
Bibliothek

Blätter fallen schon
Es geht gar nicht mehr lange
dann…

Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Ligusterhecke
dein Duftschleier umfängt mich.
Frühling…

Haiku
von Robert K. Staege
Bibliothek

Rauchschwalbenzwitschern

erzählt mir aus der Fremde;…

Haiku
von Peter Stampfer
Bibliothek

traumlos durch die Nacht
am frühen Morgen erwacht

Haiku
von Wolfgang Luley
Bibliothek

rosenduft -
ein meer gekennterter
liebesversprechen…

Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Die Birkengruppe
säuselt selig vor sich hin.
Schwingt…

Haiku
von I. J. Melodia
Bibliothek

音乐起回声
你的吹箫旋律听
百合花盛开

Die Musik ertönt

Seiten

古池や
蛙飛び込む
水の音

Der alte Weiher:
Ein Frosch springt hinein.
Oh! Das Geräusch des Wassers.

Matsuo Bashō (1644–1694)

Erklärung, Beispiele und Aufbau des Haiku

Für die Entstehung des Haiku scheinen zwei Tatsachen von grundlegender Bedeutung zu sein. In der Renga-Dichtung hatten sich schon im 12. Jahrhundert zwei inhaltlich differenzierte Richtungen herauskristallisiert (Blyth 9. A. 1984, S. 41):
There appeared in renga two schools which characterise other spheres Japanes culture, the serious and the playful. Some of the renga teachers favoured humour, wit and puns; their works were called kyōrenga, literally, "mad" renga, but meaning "light" renga, ... contrastet with poems of deep emotion and beauty as their objects.

Ende des 15. Jahrhunderts wurden die Haiku, scherzhafte, verspielte Renga, durch ihre Hauptvertreter Sōkan (1465-1553) und Moritake (1473-1549) sehr populär (Blyth 9. A. 1984, S. 45).
Zum Zweiten scheint die durch regelhafte Vorschriften bedingte wachsende Bedeutung des Hokku ausschlaggebend. Das Bemühen um einen inhaltlich und sprachlich brillianten Start einer Gemeinschaftsdichtung führte dazu, dass die Hokku in ihrer Vollendung oft keiner Ergänzung bedurften und für sich allein als eigene Kurzgedichte bestehen konnten. Das trug zur Entwicklung des Haiku als selbstständiger Gedichtform bei.

Florenz (1905, S. 440) nennt die Bezeichnung "Haiku" für das dreizeilige Kurzgedicht einen Missstand. Sie ist zusammengefügt aus Haikai no Hokku, was soviel bedeutet wie ‚humoristischer Anfangsvers‘. Die Formbeschreibung ‚Anfangsvers‘ trifft auch heute noch zu, die humoristische Sinn- und Inhaltsdeutung, die der Name aufzwingt, verlor sich jedoch schon zur Zeit Bashōs.

Das Haiku ist das kürzeste, prägnanteste, beliebteste und weltweit bekannteste Kurzgedicht der japanischen Literatur.
Die drei Zeilen sind aufgeteilt in 5-7-5 Silben:

xxxxx
xxxxxxx
xxxxx

Hin und wieder kommen auch „unregelmäßige Silbengruppierungen“ (Florenz 1905, S. 439) vor, wie z.B. 5-5-7, 7-5-5 oder 5-9-5.

Der wachsende Zuspruch, den das Haiku erfuhr, war anfangs wohl bedingt durch die Komplizierung der anderen literarischen Formen. Die strengen technischen Regeln und die gequält künstlichen Anforderungen, die die Tanka-Dichtung mehr und mehr beherrschten, förderten das Streben nach Einfachheit und Natürlichkeit. So bildete das Haiku die vereinfachte und damit volkstümliche Alternative. Die Kissenwörter und das altklassische Vokabular traten zurück und weder der Thematik, noch der sprachlichen Ausdrucksform, die „Hohes und Niedriges, Ernstes und Scherzhaftes, Vulgäres und Profanes zuließ“ (Florenz 1905, S. 441), waren Beschränkungen auferlegt. Das führte zu einer Leichtigkeit und Allgemeinverständlichkeit, dass Gebildete und Ungebildete gleichermaßen in der Lage waren, Haiku in großer Menge zu schreiben.

Die Praxis änderte sich hundert Jahre später durch Bashō und seine Schule. Blyth (9. A. 1984, Vol. I. S. 59) begründet den Vorgang:
In the same way if haiku (in its potential form of haiku renga and hokku) had not fallen into vulgarity, mere wordplay, parody, unreal poeticality, excessive simplicity, sententiousness, and epigrammaticness, and even sometimes pantheism and religiosity, Bashō could never have resurrected it into something different form all these, yet not entirely excluding them. The work of Sōkan and Moritake was thus to bring down renga and hokku from the hight to which Sōgi had raised it, too far, to a level above which Bashō had to raise it, until it should become not too bright or good for human nature's dauly food.

[Auszüge aus "Das deutsche Kurzgedicht - in der Tradition japanischer Gedichtformen" ISBN 3 88996 144 4; Mit freundlicher Genehmigung von Margret Buerschaper]

Noch mehr zu Haiku-Regeln und modernen Haiku: im LiteratPro-Magazin