Haiku ✓ Gedichte, Erklärung und Aufbau von Haikus

Friedvoll der Weg
Würdevoll und aufrecht
Im…
Im schönsten Frühjahr
brach im Tosen des Sturmes
der…
Ferien bei Oma
Schulbeginn gehüllt
in Veilchenduft
Das Jahr ist fast um -
Osmans Welt
liegt in Trümmern…
In Wittenberg singt
die Nachtigall vor dem Tor:
Wurm,…
Palmkätzchen tragen
Handschuhe an den Zweigen
für das…
Der weiße Jasmin
spendet meiner Seele Duft.
Ich kann…
sommerliches Rot
zu neuer Insel schwimmt Schiff
…
Zur Voll-Endung
zum Schöpfer zurück strebt
der morsche…
Der Himmel im See
Hier und da mal ein Lotos
im trüben…
Gesten des Friedens
und Zeichen des Mitgefühls
Wo…
Fünfundneunzigmal
schlug der Hammer ans Portal.
Innen…
Bärlauch in Lenzpracht
träumend von Winterzauber
der…
Hitzige Winde
saugen in einen Strudel,
was kein Auge…
Nein, nicht dein Handy
hat gezwitschert, die Amsel
war…
Sieh nur, die Wolken
können Gedanken spiegeln.
Eine…
Das Meeresrauschen
kommt von der nassen Straße,
Autos…
Die Bäume ächzen,
verneigen sich vor dem Sturm.
Der…
bei einer Ebbe
Pertaucher holt Perlen aus
versunkenem…
The dizzy boat
on the surface of the sea
envies the…
Und wie du reitest
auf dem silbernen Lichtstrahl,
…
Mauerseglerflug,
gleißende Sonne, Hitze.
Ein…
Kündet das Ende.
Trägt strahlend den Tod in sich.
Die…
Mauerseglerflug
spitzes Schreien über mir;
und…
Mit zwei Einkaufstaschen
Gegen eine Panzerkolonne
Die…
Sonnenlicht und Vögel am Himmel
es begrüßt mich ein…
Schneeflocken fallen
und Landschaften umhüllend
nahet…
Steinpilzschar im Laub
Wettbewerb zur Farbmodell-
…
Die Blumen blühen
Die Sonne scheint warm auf mich
Sie…
Schneeglöckchen, Krokus –
Der Februar zieht sich an
…
The can is empty
Tomorrow the sky
will water the…
Tiefroter Parkweg
als wollt die Erde brennen
Sonne…
Kein Wesen gibt Laut
Eichenwälder stehen stumm
Stilles…
Der Junge am Strand
von Wellen umspült, schlafend
im…
An Wintertagen
keinen Reim mehr auf Sommer -
im…
Die Scholle im Glanz
Hab' so viel mitgenommen
beim…
Schon braun gerandet
Der Kopf erblasst und geneigt
…
Silberblauer Faden
zeichnet meine Gedanken
auf das…
Kleine Waldlichtung
Sonne berührt die Erde
Das Hell im…
Ohne Sonnenschein –
kneifender Frost im Freien
…
Oleandertraum,
nichts wissen vom Blütenduft
und…
Ersehnte Freiheit
Schatten schneidende Schwalben
…
Sternenheer, Lichtermeer
über den Wüstenbergen
…
Novemberparty.
Entblößt bis aufs Gerippe
steht Freund…
Die Küchenschelle
läutet leise zum Frühling.
Ihr Kelch…
Sommerträumerei
Tanzen im warmen Regen
Tropfen auf der…
zitternd auf dem Ast
die Flügel ausgebreitet
Wind über…
Hitzegewitter
schweißnass unterm Baum
Blitz und…
Eisig kalter Hauch
erstarrtes Herz im Winter
nur…
Horch, die Erde singt.
Ihr sphärenhaftes Zwitschern
…
So viele Tage,
alle vergangen, vorbei,
gelebt – alles…
Der Mann aus Schnee läuft
über die Wiese davon,
hinter…
Des Tages Ende
Zwei Meisen tschilpen fröhlich
Weiter…
Frühlingsatemhauch
streift das frische Eis des Sees.
…
Eibenfrucht
Vogel frisst flatternd
Kind zerrt an…
Wenn Lotos erwacht,
träumt der Himmel von Schönheit.
…
Gerissener Fels
deine Blöße bedecken
Blumenteppiche…
Einhundert Löcher -
Die Lampe an der Decke -
Von mir…
Die Gänseblümchen –
wie sie im grauen Schauer
Graupel…
Die Sonne blinzelt
aus vielen Graslaternchen.
Die…
Nicht ein einz'ger Mensch
Der heut morgen an dich denkt…
Die Sonne, mein Herz.
Strahlende Kraft der Schöpfung,
…
Droben wetteifern
mit der Bläue des Himmels
fünf zarte…
Im Flüchtlingslager
Ein Kind füttert Eichhörnchen
…
Fleckvieh auf Weiden:
Das lange Anstehen für
das…
Seiten
古池や
蛙飛び込む
水の音
Der alte Weiher:
Ein Frosch springt hinein.
Oh! Das Geräusch des Wassers.
Matsuo Bashō (1644–1694)
Erklärung, Beispiele und Aufbau des Haiku
Für die Entstehung des Haiku scheinen zwei Tatsachen von grundlegender Bedeutung zu sein. In der Renga-Dichtung hatten sich schon im 12. Jahrhundert zwei inhaltlich differenzierte Richtungen herauskristallisiert (Blyth 9. A. 1984, S. 41):
There appeared in renga two schools which characterise other spheres Japanes culture, the serious and the playful. Some of the renga teachers favoured humour, wit and puns; their works were called kyōrenga, literally, "mad" renga, but meaning "light" renga, ... contrastet with poems of deep emotion and beauty as their objects.
Ende des 15. Jahrhunderts wurden die Haiku, scherzhafte, verspielte Renga, durch ihre Hauptvertreter Sōkan (1465-1553) und Moritake (1473-1549) sehr populär (Blyth 9. A. 1984, S. 45).
Zum Zweiten scheint die durch regelhafte Vorschriften bedingte wachsende Bedeutung des Hokku ausschlaggebend. Das Bemühen um einen inhaltlich und sprachlich brillianten Start einer Gemeinschaftsdichtung führte dazu, dass die Hokku in ihrer Vollendung oft keiner Ergänzung bedurften und für sich allein als eigene Kurzgedichte bestehen konnten. Das trug zur Entwicklung des Haiku als selbstständiger Gedichtform bei.
Florenz (1905, S. 440) nennt die Bezeichnung "Haiku" für das dreizeilige Kurzgedicht einen Missstand. Sie ist zusammengefügt aus Haikai no Hokku, was soviel bedeutet wie ‚humoristischer Anfangsvers‘. Die Formbeschreibung ‚Anfangsvers‘ trifft auch heute noch zu, die humoristische Sinn- und Inhaltsdeutung, die der Name aufzwingt, verlor sich jedoch schon zur Zeit Bashōs.
Das Haiku ist das kürzeste, prägnanteste, beliebteste und weltweit bekannteste Kurzgedicht der japanischen Literatur.
Die drei Zeilen sind aufgeteilt in 5-7-5 Silben:
xxxxx
xxxxxxx
xxxxx
Hin und wieder kommen auch „unregelmäßige Silbengruppierungen“ (Florenz 1905, S. 439) vor, wie z.B. 5-5-7, 7-5-5 oder 5-9-5.
Der wachsende Zuspruch, den das Haiku erfuhr, war anfangs wohl bedingt durch die Komplizierung der anderen literarischen Formen. Die strengen technischen Regeln und die gequält künstlichen Anforderungen, die die Tanka-Dichtung mehr und mehr beherrschten, förderten das Streben nach Einfachheit und Natürlichkeit. So bildete das Haiku die vereinfachte und damit volkstümliche Alternative. Die Kissenwörter und das altklassische Vokabular traten zurück und weder der Thematik, noch der sprachlichen Ausdrucksform, die „Hohes und Niedriges, Ernstes und Scherzhaftes, Vulgäres und Profanes zuließ“ (Florenz 1905, S. 441), waren Beschränkungen auferlegt. Das führte zu einer Leichtigkeit und Allgemeinverständlichkeit, dass Gebildete und Ungebildete gleichermaßen in der Lage waren, Haiku in großer Menge zu schreiben.
Die Praxis änderte sich hundert Jahre später durch Bashō und seine Schule. Blyth (9. A. 1984, Vol. I. S. 59) begründet den Vorgang:
In the same way if haiku (in its potential form of haiku renga and hokku) had not fallen into vulgarity, mere wordplay, parody, unreal poeticality, excessive simplicity, sententiousness, and epigrammaticness, and even sometimes pantheism and religiosity, Bashō could never have resurrected it into something different form all these, yet not entirely excluding them. The work of Sōkan and Moritake was thus to bring down renga and hokku from the hight to which Sōgi had raised it, too far, to a level above which Bashō had to raise it, until it should become not too bright or good for human nature's dauly food.
[Auszüge aus "Das deutsche Kurzgedicht - in der Tradition japanischer Gedichtformen" ISBN 3 88996 144 4; Mit freundlicher Genehmigung von Margret Buerschaper]
Noch mehr zu Haiku-Regeln und modernen Haiku: im LiteratPro-Magazin