Haiku ✓ Gedichte, Erklärung und Aufbau von Haikus

Frosch Getsuju Haiku Dichtung

Im 17. und 18. Jahrhundert wurde das Haiku begrenzenden inhaltlichen Regeln unterworfen und es bahnten sich, ähnlich wie beim Renga im 12./13. Jahrhundert, auch in der Haiku-Dichtung zwei Richtungen an.
Während die traditionelle Tendenz der literarisch anspruchsvolleren Bashō-Schule sich mehr den jahreszeitlich-naturgebundenen, transzendenten Inhalten widmete und durch sprachliche Ausdruckskunst und inhaltliche Perfektion den sinnreichen Haikustil anstrebte, lag anderen Dichtern daran, dem Humor, der schlichten, volkstümlichen Aussage, einen Weg offen zu halten.
Die aus diesem Bestreben erwachsene Gattung ist heute unter dem Namen Senryū bekannt.

empfohlene Haiku
von Margret Buerschaper
von Margret Buerschaper
von Margret Buerschaper
neue Haiku
von Soléa P.
von Monika Laakes
von Jürgen Wagner
die schönsten Haiku
von Marie Mehrfeld
von Volker Harmgardt
von Volker Harmgardt
Haiku
von Marie Mehrfeld
Bibliothek

Dunkelgeflüster,
watend in stillen Pfützen,
Ungesagtes…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Am schwarzen Feldrand,
gehalten von nebligen Armen -

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Blätter verwelken -
meine Haut zeigt Risse,
aber ich…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

K l a n g f a s z i n a t i o n -
wenn Worte Blüten tragen,…

Haiku
von Marie Mehrfeld
Bibliothek

erstarrt gefächertes
Nadelholz, Zwischenlicht,
mondlos…

Haiku
von Marie Mehrfeld
Bibliothek

in mondbleicher Nacht
tanzen Wehmutsgefühle
mit…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Dein Haar hat der Wind,
als der Winter dich küsste-

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

M a g i s c h e r F r ü h l i n g -
die zarten Blätter…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Marillenblüte
zartrosafarben die Wangen
der Kinder

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Im Spätsommer
unterwegs in die Heimat -
Lektionen in…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Die Farben rotieren
wir streiten um
die Blütensprache…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

In Weiß und zartrosa,
im Kontrast zu Seegras + Rum -

Haiku
von Marie Mehrfeld
Bibliothek

Tagpfauenaugen
Lavendeltrunken taumelnd
Sommer…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

A m W e l t p o e s i e t a g
nehmen wir das Wort wörtlich…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Ein Sommermorgen -
Hauch eines sanften Windes,

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Im Morgengrauen -
es roch nach Moos und Erde,

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

A l l e s g u t im B l i c k
an diesem friedlichen…

Haiku
von Marie Mehrfeld
Bibliothek

Blick in die Weite
tiefes Sehnen nach euch

Haiku
von Yvonne Zoll
Bibliothek

Feuriges Schlingen
rastet im Gewölk fauchend
Lippen…

Haiku
von Yvonne Zoll
Bibliothek

Wenn aus schwerschwarzen
Gassen Träumende durch die

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

Oktober Magie
Blätter Zauber trifft Erde
Kunst der…

Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

In weiter Ferne
Die Tage sind längst gezählt
Bis…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

I n l a n g e r K e t t e
winden sich die Menschen…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Missa solemnis
von Herzen gebeugt -
zarte Blüten im…

Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Traumbild, raubst den Schlaf.
Frühlingsdüfte betören.

Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Sieh nur, die Spinne.
Hab keine Angst und schau hin.

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Über den steilen Berg
toben Wind und Vögel,
wir…

Haiku
von Yvonne Zoll
Bibliothek

Untertriebe längst
und einander seltsam ernst
im…

Haiku
von Ella Sander
Bibliothek

Virtuelle Welt:
Fesselnde Spiele dämmen
Sensomotorik…

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

Januar Träume
Frisch erholt nach Zeiten Schlaf
Zum…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Klares Frühlicht hebt
uns behutsam in den Tag,
einfach…

Haiku
von Marie Mehrfeld
Bibliothek

grauender Morgen
schwer von der Last der Nacht
über…

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

November Schleier
Hüter des Verborgenen
Bereiten den…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Schneerosenblüte,
fernab quälender Hektik -
Sie…

Haiku
von Ella Sander
Bibliothek

Sibirisches Harsch
unsentimental, nüchtern

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Verwehte Spuren -
Streiflichter über dem Jenseits
in…

Haiku
von Yvonne Zoll
Bibliothek

Frühschicht verfangen
Ermattet im Wellenguss
Erlegter…

Haiku
von Yvonne Zoll
Bibliothek

Vertropftes stundend
Irrlichternd schwimmt im Dunkel

Haiku
von Yvonne Zoll
Bibliothek

Offiziell zerfließt
in Unzeit Reue brilliert

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

G l i t z e r n d e s W a s s e r
mit Blick bis zum…

Haiku
von Yvonne Zoll
Bibliothek

Ein Gewissen im
Gewissen zeugt wie wahrhaft
dort…

Haiku
von Sigrid Hartmann
Bibliothek

Wenn das Licht vergeht
spielen die Gedanken
mit den…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Der leichte Windhauch
über den Gräbern der Ahnen -
ein…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Gekrönte Landschaft,
hinter dem Lid kreist ein Falke -…

Haiku
von Yvonne Zoll
Bibliothek

Selaginellas
Tränen wie durch Wolken Flor
in Weiten…

Haiku
von Marie Mehrfeld
Bibliothek

Vollmondnächte.
In silberblauem Schweigen
Klarheit…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Globale Wärme,
Schmelzwasser tropft in den Ozean -

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

Meer der Wiederkehr
Seelen segeln in der Nacht
Ankern…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

So früh am Morgen
peitscht Regen ans Fenster
und du…

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

September Seufzer
Milde Abschiedsmelodie
Zwischen Weh…

Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

Eisblumen blühen
Der See im Winterurlaub
Sucht Ruhe…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Am steilen Berghang
steigen die Stunden
über die Zeit…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Im späten Gleichgewicht -
Nichtigkeiten zu Staub zerfallen,…

Haiku
von Yvonne Zoll
Bibliothek

Weil unfassbar bleibt
was um ein Haar gewickelt
im…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

S c h w a r z e r H o r i z o n t -
die rote Aprilsonne…

Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

Die Sonne strahlt
Schönheiten aus Eis und Schnee

Haiku
von Angélique Duvier
Bibliothek

Herbstessonnenschein,
lässt Dahlien erstrahlen
und…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

D u n k e l b l a u e s L i c h t,
starker Wind über…

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

Rosen tragen Blau
Unter zeitenschwerem Sein
Farbe…

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

Frühlingsmorgenluft
Der alte Fliederbusch ruht
noch…

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

Dezemberreigen
Dunkelschwer tanzt leicht im Licht

Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

Getragen vom Wind
schläft der Morgen in Bäumen
fällt…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

H e r b s t z a u b e r g r ü ß e,
wie fern ich von dir lebe…

Haiku
von Yvonne Zoll
Bibliothek

Flügelfelder in
ausgebreiteten Himmeln
Verrinnender…

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

Gedanken Reisen
Grenzenlos im Überall
Befreite Welten…

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

Herbstzeitmelodie
Klang Farben Spiel im Wandel
Noten…

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

Weihnachtswunderzeit
Öffnet Herzenstüren weit

Haiku
von Yvonne Zoll
Bibliothek

Von Wärmewunden
Wie Blumen ungebunden
Keineswegs…

Haiku
von Soléa P.
Bibliothek

Der Baum ohne Blatt
Licht kriecht hin, wo's dunkel war…

Haiku
von Monika Laakes
Bibliothek

Im Hitzekoller
Brandmal verletzte Erde
schreit nach…

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

Herbstherzen taktvoll
Im Schein goldener Fülle

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

Wälder und Wiesen -
Herbstaroma zieht durchs kalte Land,…

Haiku
von Ingeborg Henrichs
Bibliothek

Gedanken Reisen
Grenzenlos im Überall
Befreite Welten…

Haiku
von Yvonne Zoll
Bibliothek

Prickelndes Reißen
verheißend im Auf-Fang von
längst…

Haiku
von Volker Harmgardt
Bibliothek

G r o s s e S e h n s ü c h t e
wecktest du mit leichtem…

Seiten

古池や
蛙飛び込む
水の音

Der alte Weiher:
Ein Frosch springt hinein.
Oh! Das Geräusch des Wassers.

Matsuo Bashō (1644–1694)

Erklärung, Beispiele und Aufbau des Haiku

Für die Entstehung des Haiku scheinen zwei Tatsachen von grundlegender Bedeutung zu sein. In der Renga-Dichtung hatten sich schon im 12. Jahrhundert zwei inhaltlich differenzierte Richtungen herauskristallisiert (Blyth 9. A. 1984, S. 41):
There appeared in renga two schools which characterise other spheres Japanes culture, the serious and the playful. Some of the renga teachers favoured humour, wit and puns; their works were called kyōrenga, literally, "mad" renga, but meaning "light" renga, ... contrastet with poems of deep emotion and beauty as their objects.

Ende des 15. Jahrhunderts wurden die Haiku, scherzhafte, verspielte Renga, durch ihre Hauptvertreter Sōkan (1465-1553) und Moritake (1473-1549) sehr populär (Blyth 9. A. 1984, S. 45).
Zum Zweiten scheint die durch regelhafte Vorschriften bedingte wachsende Bedeutung des Hokku ausschlaggebend. Das Bemühen um einen inhaltlich und sprachlich brillianten Start einer Gemeinschaftsdichtung führte dazu, dass die Hokku in ihrer Vollendung oft keiner Ergänzung bedurften und für sich allein als eigene Kurzgedichte bestehen konnten. Das trug zur Entwicklung des Haiku als selbstständiger Gedichtform bei.

Florenz (1905, S. 440) nennt die Bezeichnung "Haiku" für das dreizeilige Kurzgedicht einen Missstand. Sie ist zusammengefügt aus Haikai no Hokku, was soviel bedeutet wie ‚humoristischer Anfangsvers‘. Die Formbeschreibung ‚Anfangsvers‘ trifft auch heute noch zu, die humoristische Sinn- und Inhaltsdeutung, die der Name aufzwingt, verlor sich jedoch schon zur Zeit Bashōs.

Das Haiku ist das kürzeste, prägnanteste, beliebteste und weltweit bekannteste Kurzgedicht der japanischen Literatur.
Die drei Zeilen sind aufgeteilt in 5-7-5 Silben:

xxxxx
xxxxxxx
xxxxx

Hin und wieder kommen auch „unregelmäßige Silbengruppierungen“ (Florenz 1905, S. 439) vor, wie z.B. 5-5-7, 7-5-5 oder 5-9-5.

Der wachsende Zuspruch, den das Haiku erfuhr, war anfangs wohl bedingt durch die Komplizierung der anderen literarischen Formen. Die strengen technischen Regeln und die gequält künstlichen Anforderungen, die die Tanka-Dichtung mehr und mehr beherrschten, förderten das Streben nach Einfachheit und Natürlichkeit. So bildete das Haiku die vereinfachte und damit volkstümliche Alternative. Die Kissenwörter und das altklassische Vokabular traten zurück und weder der Thematik, noch der sprachlichen Ausdrucksform, die „Hohes und Niedriges, Ernstes und Scherzhaftes, Vulgäres und Profanes zuließ“ (Florenz 1905, S. 441), waren Beschränkungen auferlegt. Das führte zu einer Leichtigkeit und Allgemeinverständlichkeit, dass Gebildete und Ungebildete gleichermaßen in der Lage waren, Haiku in großer Menge zu schreiben.

Die Praxis änderte sich hundert Jahre später durch Bashō und seine Schule. Blyth (9. A. 1984, Vol. I. S. 59) begründet den Vorgang:
In the same way if haiku (in its potential form of haiku renga and hokku) had not fallen into vulgarity, mere wordplay, parody, unreal poeticality, excessive simplicity, sententiousness, and epigrammaticness, and even sometimes pantheism and religiosity, Bashō could never have resurrected it into something different form all these, yet not entirely excluding them. The work of Sōkan and Moritake was thus to bring down renga and hokku from the hight to which Sōgi had raised it, too far, to a level above which Bashō had to raise it, until it should become not too bright or good for human nature's dauly food.

[Auszüge aus "Das deutsche Kurzgedicht - in der Tradition japanischer Gedichtformen" ISBN 3 88996 144 4; Mit freundlicher Genehmigung von Margret Buerschaper]

Noch mehr zu Haiku-Regeln und modernen Haiku: im LiteratPro-Magazin