Senryu ✓ Gedichte, Erklärung und Aufbau

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Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Lasst uns jetzt lachen.
Du und ich in Harmonie,
bevor…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Ein und aus, ewig
sollst du atmen, ein und aus.
Sollst…

Senryu
von Sigrid Hartmann
Bibliothek

Tränen in der Nacht
vergessene Melodie
begleitet den…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Gen-Abhängigkeit?
Befreie dich durch Wissen!
Selbst…

Senryu
von Thomas Brod
Bibliothek

Dans une bouteille grise
Une très vieille lettre jaunie…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Freiheit als Atem
einer dürstenden Seele
spendet neue…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Les ich die Zeitung
wird mein Kragen eng und platzt.

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Ein Fernsehabend
flimmert in meine Seele.
Albtraum…

Senryu
von Jürgen Wagner
Bibliothek

Trag ich, was m a n trägt?
Oder such' ich, was mir steht?…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Solidarität
als Religionsersatz.
Wird Gott lebendig?…

Senryu
von Annelie Kelch
Bibliothek

Omran (5) -
geborgen
aus Trümmern

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Nenn es Hilfseinsatz,
nenn es Abenteuer pur.
Nenn es…

Senryu
von Monika Castrovillari Seyer
Bibliothek

Es gibt noch Hoffnung.
Solange es Träume gibt,
für…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Tao umfängt mich.
Der Fluss trägt das Blatt. Wohin?

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Innere Freiheit
ist ein Gipfelerlebnis.
Hilft dir…

Senryu
von Annelie Kelch
Bibliothek

Sonntag -
Verschnaufen ...
nach dem langen Marsch…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Dürre im Gesicht,
hältst die leeren Hände hin.
Frost…

Senryu
von Thomas Brod
Bibliothek

Haiku und Senryu geschüttelt

Oft tun Gestalten kund:

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Nur der Moment zählt,
Vergangenheit und Zukunft

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Mein Tanz mit Worten
hebt mich vom Boden ins All.
Ich…

Senryu
von Somos Eleen
Bibliothek

am himmel blutrot
schickst du nachricht zur erde
die…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Innere Landschaft
nun bist du in Licht getaucht.
Hab…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Du Himmelstürmer
greifst nach der Unendlichkeit.
Alles…

Senryu
von Thomas Brod
Bibliothek

Лишь на трёх струнах
Звучания балалайки
и русской души…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Ich trudel durchs Feld,
find keinen Halt im Zweifel.

Senryu
von Annelie Kelch
Bibliothek

So fern die Heimat,
der Krieg – wir bleiben, wollen

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Wenn Angst das Licht schluckt,
die Sonne plötzlich Schwarz…

Senryu
von Jürgen Wagner
Bibliothek

Wer Schwerter schmiedet
sollte sorgsam bedenken
wem er…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Ferner Kontinent,
Uns Sorgt Alles, was du tust.
Wir…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

die dort haben’s noch
lachen im halse und bauch
werden…

Senryu
von Mara Krovecs
Bibliothek

Gleiten weiß auf blau
aus den Wolken getropft
sanft…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Luftchampagnerquell
dringst in meine Zellen ein.

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Die wahre Freundschaft
offenbart dir die Magie

Senryu
von Elmar Vogel
Bibliothek

Massenimpfungen
schaffen endlich gesunde
Erwerbslose…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Mein Aug fängt den Strahl.
Tief drinnen. Husch. Er ist fort…

Senryu
von Annelie Kelch
Bibliothek

Wie Martha grüßte ...
Echt ein Kapitel für sich -
Ich…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Glaube ist für mich
die kritischste Form eines

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Europa leuchtet.
Glanz verspricht das Paradies.

Senryu
von Annelie Kelch
Bibliothek

Spurlos verschwunden -
ohne Abschied: heißt warten,

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Zauberspuk in mir,
bist ebenso in allem.
Göttliche…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Wir verlier’n die Welt,
wenn wir so weiter machen.

Senryu
von Heide Nöchel (noé)
Bibliothek

Hat siebzehn Silben:
Ein Haiku - etwa nicht?! Und:
Wo…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Denk an die Liebe
aus Gedanken wird die Tat
die…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Was ist, wenn Gott denkt?
Im Meer der Möglichkeiten

Senryu
von Monika Castrovillari Seyer
Bibliothek

Ersehnter Wunschtraum
darin unendlich schweben

Senryu
von Monika Castrovillari Seyer
Bibliothek

In deinen Augen
spiegeln sich meine Ängste
wohin führt…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Und dennoch raffen,
selbst wenn genug vorhanden,
das…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Schwein, du kluges Tier,
anders, als uns’re Mächt’gen,…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Higgs du winz'ges Teil,
sprich zu mir von Wirklichkeit.…

Senryu
von Monika Castrovillari Seyer
Bibliothek

Alternde Liebe
geht gemeinsam Hand in Hand
vertraute…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Geheimnis Weihnacht
überdauerst alle Zeit
als ein…

Senryu
von Monika Laakes
Bibliothek

Dies Pfeifenkonzert
weckt meinen Wunsch nach Taubheit.…

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Erklärung, Aufbau und Beispiele des traditionellen Senryu (Senryū)

Debon (1984, S. 411) nennt die Senryu „Siebzehnzeiler, die keine ‚haiku‘ sind“. Die Darstellungen über Entstehung und Entwicklung sind widersprüchlich. Ich folge den grundlegenden Ausführungen Blyths.
Formel dem Haiku gleich, dreizeilig mit 17 Silben in der bekannten Aufteilung 5 - 7 - 5, steht seine inhaltliche Prägung in der Tradition des Renga und zwar in der Mindless-Form, dem mushin-renga, ‚herzloses Kettengedicht‘, das den humorvollen, witzigen und an Wortspielen reichen Stil bevorzugte und sich im Volk großer Beliebtheit erfreute (Blyth 9. A. 1984, Vol. I, S. 42). Es wurde in der umgekehrten Silbenfolge 7 - 7 / 5 - 7 - 5 von zwei Autoren geschrieben. Dabei galt es, den dreizeiligen Vers in unerwarteter und überaschender Weise an den vierzehnsilbigen Vordervers anzuschließen. Diese Form des mushin-rengas hieß maekuzuke „Vordervers-Anschluß“ (Debon 1984, S. 410).

Als Beispiel für das maekuzuke ein Gedicht von Sōkan:

Kirtaku mo ari
kiritaku mo nashi

Nusubito wo
toraete mireba
waga ko nari

Erschlagen könnt ich ihn
aber dann doch wieder nicht.

Erwischt wurde der Dieb
und als ich näher hinsah,
war es mein eigener Sohn.

Debon (1984, S. 411)

Der zweite Traditionsstrang, der das Senryu prägte, ist das kyōka, das ‚komische Waka‘, ‚Trollgedicht‘, oder auch kyōku, das ‚Trollvers‘ oder ‚verrückter Vers‘ – ein satirisches Hokku (Blyth 1960, S. 13).

Sōkan wa
doko e to hito no
tōtareba
chito yōji ari
anoyo e to ie

Should Poeple ask
Where Sōkan has gone
Then answer,
"He has gone on some business
To the next world."

Blyth (1960, S. 13)

In den 300 Jahren nach Sōkan sind ständig humoristische Gedichte geschrieben worden, in den letzten 100 Jahren vornehmlich in der Hokku-Form; sie waren jedoch kaum bekannt und auch wenig geachtet. Das änderte sich erst durch Karai Hachiemon (1718-1790).

Karai Hachiemon war offiziell ernannter Sammler und genoss als solcher ein hohes Ansehen. Weniger seinem eigenen dichterischen Talent als vielmehr seiner ausgiebigen Tätigkeit als kritischer Beurteiler und Selektor verdankte er seine Popularität. Diesem Umstand und der Vorliebe Karai Hachiemons für das kyōku ist es zuzuschreiben, dass diese Gedichtart entdeckt wurde und Berühmtheit erlangte.

...
Hachiemon begann seine Sammeltätigkeit 1757; der erste Teil der Anthologie erschien 1765; bis zu seinem Tode 1790 umfasste sie 24 Bände. Der ausführliche Titel lautet: ‚Imosegawa Yanagidaru‘, vom ersten Wort das Ende und vom zweiten der Anfang ergeben die japanische Lesart für Senryu, gawa-yanagi, das übersetzt Flußweide heißt. Diese Wortkombination wählte Hachiemon zum Pseudonym. Erst nach seinem Tod wurde der name auf die gedichtform übertragen.

Sein Lebenswerk und der Umstand, dass das Haiku sich inzwischen zu einer hochgeistigen Gedichtform gewandelt hatte, machten das Senryu ungeheuer populär, denn es bot jedermann die Möglichkeit literarischer Betätigung, der außer der formalen Begrenztheit keine Einschränkungen auferlegt waren.

Das Senryu lebt von „Hyperbolen, Metaphern, Personifizierungen, Kalauern und Verballhornungen; es liebt die respektlose Verspottung, die Travestie und die Parodie“ (Debon 1984, S. 412), versprachlicht Ironie, Satire und Dummheit, menschliche Schwächen, alltägliches Einerlei und banale Nichtigkeit. Der Sprachstil ist umgangssprachlich geprägt, liberal, niemals moralisierend oder anklagend, dafür spöttisch, ja zuweilen zynisch und anzüglich (Blyth 1960, S. 7):

Nusumi yori
kuretaru hana wa
ori-nikushi

It is more difficult
To break off a branch he is given
Than to steal one.

Blyth (1960, S. 166)

Wenn man einen Blütenzweig stiehlt, so nimmt man soviel, wie man haben möchte, aber wenn man ihn geschenkt bekommt, fürchtet man, unbescheiden zu sein und zuviel abzubrechen.

Dorobō no
kaeri ni marui
tsuki wo home
Yasharō

On the way back
From stealing,
He praises the round moon.

Blyth (1960, S. 221)

Dieses ist ein Beispiel dafür, dass das Senryu sich jeder moralisierenden Äußerung enthält. Der satirische Unterton ist sehr zart. Der Dieb hat durch den erfolgreichen Diebstahl alle seine Materiellen Wünsche erfüllt. Nun, auf dem Heimweg, erwacht seine geistige Natur, und er betrachtet den Vollmond mit ruhigem und friedlichen Sinn.

[Auszüge aus "Das deutsche Kurzgedicht - in der Tradition japanischer Gedichtformen" ISBN 3 88996 144 4; Mit freundlicher Genehmigung von Margret Buerschaper]