Der Apfelriese

Bild von Magnus Deweil
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Im Osten Europas erstreckt sich eine der größten Gebirgsketten des Kontinents. Das Riesengebirge. Am Fuße der Berge lag einst ein kleines Dorf. Obwohl es bei genauerer Betrachtung gar nicht einmal so klein war. Es gab einen Schmied, einen Bäcker, eine kleine Schule und jede Menge Bauernhöfe mit Kühen, Pferden, Schweinen und Schafen. Die Felder waren im Sommer voll mit den Tieren. Die Pferde galoppierten, die Schafe mähten und ließen sich ihr Fell scheren, die Kühe fraßen und muhten zufrieden vor sich hin. Auch durch die Straßen lief hin und wieder eine Ziege, oder ein kleines Schwein welches sich verirrt hatte. An manchen Tagen schien es fast so, als gäbe es mehr Tiere als Menschen an diesem Ort. Natürlich gab es auch jede Menge Kinder, die durch die Straßen und Felder tollten. Die Alten saßen in der Wirtschaft, oder davor im Garten, wenn es schöne Tage waren und spielten Karten, oder würfelten. Auch ein kleiner Fluss, es war viel mehr ein Bach, floss mitten durch das Dorf. Es gab aber auch etwas anderes, etwas was sonst nirgends auf der ganzen weiten Welt zu finden war. Etwas, was man zunächst für nichts Beeindruckendes halten würde. Aber es ist etwas, was die Einwohner des Dorfes fast wahnsinnig und glücklich zugleich machte. Es waren Äpfel. Ja, gewöhnliche Äpfel. Aber es waren genau jene Äpfel die durch ihre Schönheit, ihre Größe und ihren Geschmack zu etwas besonderem wurden. Und diese Äpfel erhielten ihre Besonderheit, ja gar ihre Einzigartigkeit durch ein altes Geheimnis. Das Geheimnis kannte nur der Obsthändler Karl selbst. Es war das Vermächtnis der Familie Karl und durfte keinem anderen außer den eigenen Nachkommen offenbart werden. Hermann Karl war jetzt der Chef des Familiengeschäfts. Er hatte das Geheimnis von seinem Vater erhalten und dieser wiederum von seinem Vater und immer so weiter. Der erste Karl hatte vor hundert Jahren Apfelkerne aus den verschiedensten Landen der ganzen Welt gesammelt. Er reiste um die Erde und probierte alle Äpfel die er fand, die Kerne derer, die am besten geschmeckt hatten, bewahrte er in einem kleinen Lederbeutel auf. Als er nach Jahren der Reise in das klein Dorf zurück kam, fand er eine große Wiese. Sie war eigentlich schon fast ein Teil des Berges. Es war ein Hang, bewachsen von saftigem Grün. Ein guter Boden, auf welchem der erste Karl die Kerne der besten Äpfel der Welt vergrub. Mit der Zeit wuchsen daraus die stattlichen Bäume die später den Hang zierten und in den verschiedensten Blüten das kleine Dorf bestrahlten. Die Äpfel waren so kostbar und unvergleichbar, dass die Familie Karl, allein vom Verkauf der Äpfel leben konnte. Aber da Elise Karl, die Frau des Obsthändlers, auch noch eine ausgezeichnete Bäckerin war, lies sich mit dem Verkauf von Apfelkuchen auch noch etwas zusätzliches Geld verdienen. Die Bewohner schwärmten von dem guten Apfelkuchen. Sie kämpften sogar fast darum, weil sie angst hatten dass Frau Karl keinen mehr backen würde, natürlich waren auch ihre Arbeitskapazitäten beschränkt und sie konnte am Tag nur etwa 5 Kuchen backen. Die Leute überboten sich am Apfelstand immer wieder selbst. Wollte der eine den eigentlichen Preis von 3 Münzen zahlen, so sprang einer aus der Menge hervor und bot Elise 4 Münzen, dann kam der nächste und wollte ihr 5 Münzen geben. Die Leute waren völlig verrückt nach Frau Karls guten Apfelkuchen. Und auch Hermann genoss den Kuchen seiner geliebten Frau, sowie auch ihr Sohn Anton. Anton war ein kleiner junge von 10 Jahren. Und obwohl er einen eigenen Namen hatte, nannten ihn alle immer nur Karl Junior, oder einfach bloß Junior. Anton hatte zwar immer die besten und schmackhaftesten Äpfel, aber dennoch hatte er es nicht leicht. Er war ungewöhnlich klein für sein alter und sehr schmächtig gebaut. Er war um einiges schwächer und kümmerlicher als seine Altersgenossen. Und weil er eben anders war, als die anderen Kinder, wurde er oft von ihnen gehänselt. Der kleine Junior half nach der Schule seinem Vater beim verkauf der Äpfel. Hermann versuchte seinen Sohn so gut es ihm Möglich war auf das Geschäft vor zu bereiten, welches der Junior später einmal übernehmen sollte. Aber der zukünftige Chef wurde den Erwartungen seines Vaters nicht gerecht. Am einen Tag lies er die Kisten mit den Äpfeln fallen, weil er zu klein und zu kümmerlich war. Die Äpfel rollten, zur Freude der Bewohner, kostenlos über die Straße. Am anderen Tag verrechnete er sich beim herausgeben des Wechselgeldes. Hermann legte ihm einmal zwei Äpfel vor und lies sie seinen Spross probieren. Die Äpfel sahen völlig identisch aus und als der Junge sie probierte, zuerst den einen und dann den anderen fragte ihn sein Vater „Und mein Sohn, worin liegt der Unterschied?“ Anton überlegte kurz und antwortete „Hmmm, die sind beide richtig lecker!“ sein Vater machte ein endtäuschtes Gesicht „Nein, der eine kommt vom Kalabrischen Baum und der andere ist ein Spanier“ der Junge senkte sein Haupt und schämte sich etwas, während sein Vater ihm seine Sorgen kund tat „Ich weiß nicht, ob ich dich unser Familiengeschäft weiter führen lassen kann, wenn ich einmal nicht mehr bin, sogar die Kisten lässt du fallen“. Anton wurde traurig, er verstand nicht woran er es erschmecken sollte, was ein Spanier und was ein kalbrischer Apfel war. Und was spielte es überhaupt für eine Rolle? Die Äpfel waren doch in den Körben, mit der richtigen Aufschrift verwahrt. Und für die Kisten war er einfach zu schwach. Er tat sein Bestes, aber es gelang ihm einfach nicht. Trost fand er bei seiner Mutter, die ihm ein Stück ihres Apfelkuchens gab und ihm Mut machte „Weißt du mein Junge, es mag dir vielleicht nicht wichtig erscheinen die Äpfel am Geschmack zu erkennen, aber deinem Vater ist es wichtig. Wir sind eine Apfelfamilie und das heißt, dass Äpfel für uns etwas sehr bedeutendes sind“. Anton wusste natürlich, dass die Äpfel unvermeidbar waren und gutes Geld brachten. Er wollte aber nicht verstehen, warum sein Vater so endtäuscht von ihm war, nur weil er die Äpfel nicht am Geschmack erkannte und hin und wieder eine Kiste fallen ließ. Es Plagte den

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Kommentare

26. Jul 2020

Gut geschriebene Geschichte, gerne gelesen!
Besser lesbar wäre der Text mit Absätzen und Leerzeilen dazwischen.

Grüße, Monika

26. Jul 2020

Danke Monika, das nächste Mal denke ich daran
LG
Magnus

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